Volltext: Der Naturarzt 1891 (1891)

212 
jugendlichen Kranken, dadurch die Behandlung einen sehr günstigen und 
abgekürzten Verlauf nehmen sehen. 
Nun sagt Herr Kaminski Seite 175 in Nr. 10: „Allgemeine Wärme- 
Kurformen finden überhaupt blos Anwendung, wo die Körpertemperatur 
nicht weit über das gewöhnliche Maß gestiegen, also zu Anfang aller hitzigen 
Erkrankungen als Vorbereitung zu weiteren Vornahmen und in der Kälte 
periode beim Wechselfieber." 
Auch damit bin ich im großen und ganzen einverstanden; bemerken muß 
ich aber, daß die Körpertemperatur nach den eigenen Ausführungen 
Herrn Kaminski's im kleinen und im großen Blutkreislauf eine sehr 
verschiedene sein kann und daß darauf gerade die sogenannten Schüttelfröste 
beruhen, welche dem Kranken das subjektive (seiner Wahrnehmung nach) Gefühl 
der Kälte verleihen, während in der That die innern Organe (der kleine 
Blutkreislauf) eine sehr erhöhte Wärme bis zu 41—42 Grad C. 
zeigen können. 
Ich bin seit einigen Jahren der Ansicht geworden, daß solche Zustände 
mit bestem Erfolge durch Wärmeanwendung ganz ähnlich behandelt werden 
können und sollten, wie es bei der im Wechselsieber in der That mit einer 
durchgehenden Wärmeerniedrigung von 3—4 Grad 0. einhergehenden Kälte 
periode mit größtem Erfolge geschieht. Ich habe schon vor mehr als 
30 Jahren in der Garnison Jülich, damals Festung mit stehenden Wasser 
gräben, in welcher das Wechselfieber in Einwohnerschaft und Garnison sehr 
verbreitet war, von Dampfbädern in einfachster Form (ein Topf kochenden 
Wassers, in welches noch ein glühend gemachter Ziegelstein gelegt wurde, unter 
einen Rohrstuhl gestellt, auf welchen der entkleidete und mit mehreren Woll 
decken überhängte Kranke gesetzt wurde) und stets mit schönstem Erfolge 
Gebrauch gemacht. Damals bin ich zuerst auf die Ueberlegenheit der 
Dampfanwendung im Vergleich zur Verwendung trockener Wärme bei 
diesem Krankheitsstadium aufmerksam geworden. Ich schreibe sie nach viel 
fältiger Beobachtung einerseits der schnellern und tiefern Durchdringung 
des Körpers mit Wärme zu, andererseits der Oeffnung und Anregung 
des Hautporensystems, vielleicht auch der Durchdringung des Blutes mit 
Wafferdampf. 
Dagegen hatte auch ich bis vor wenigen Jahren die in hitzigen Fiebern 
auftretenden Schüttelfröste und subjektiven Kältegefühle der Kranken 
nicht besonders berücksichtigt und mich noch im Januar 1888 bei einer hef 
tigen Rippenfellentzündung trotz stärkster Schüttelfröste einfach mit feuchten 
milden Packungen behandelt. Das oft späte, nach vorausgegangenen erneuten 
Schüttelfrösten, Eintreten der Wärmereaktion hatte mich dagegen schon auf 
den Gedanken gebracht, ob nicht Wärmeapplikationen, etwa Heiß 
wasserkrüge nach Canitz, oder ein Dampfstuhlbad nach Kühne in 
solchen Fällen angezeigt seien. Da besuchte ich im Sommer 1888 eine 
befreundete Dame, Frau Marine-Rat L. in K., welche, einige Juhre vorher 
von mir in die Naturheilkundc eingeführt, sich und ihre gesamte Familie in 
zum Teil recht schweren Krankheitszuständen mit vollstem Erfolge selbst 
behandelte. Sie erzählte mir, daß sie im verflossenen Winter mit Behandlung 
mehrerer Familienmitglieder beschäftigt sich selbst eine starke Rippenfell 
entzündung mit hochgradigem Fieber (bis 41« 0.) zugezogen, diese aber 
binnen vier Tagen mit Canitz'schen Bettdampfbädern (in feu ch ter Wickelung 
also) und milden Halbbädern glänzend geheilt habe. Auf meine Frage, wie 
sie hei so hohen Fiebergraden denn auf ein Bettdampsbad gekommen, ent-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.