Volltext: Der Naturarzt 1891 (1891)

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empfindlich heiß geworden, kühlen Abwaschungen der Unterleibes, täglich drei 
milden ganzen und mehreren kleinern kühlen Klystieren, sowie zwei Einläufen mittelst 
Irrigator in die Scheide, ebenfalls von mildem Wasser, ohne jede Nach 
Hilfe mit der Hand, so vollständige Heilung erzielte, daß die Kranke in 
der vierten Woche, völlig genesen, das Bett verlassen konnte. 
Dieser Fall gehört nach Entstehung und Verlauf wohl zu den schwie 
rigsten, welche vorkommen können, und ich meine, auch unparteiische Mediziner 
werden mir zustimmen, daß es dringend wünschenswert war, die Operation 
bei einem Netzbruch einer Wöchnerin zu vermeiden." 
Ich habe mich um so mehr berechtigt und verpflichtet gehalten, diesen 
Fall, über den man das Nähere in der Mai-Nummer des „Natur- und 
Volksarzt" (Nr. 5 von 1890) nachlesen mag, hier kurz zu schildern, als ich 
aus Ihrer Aeußerung, Herr Dr. Schulze, S. 74 am Schlüsse Ihres Artikels 
ersehe, daß Ihnen dieser Fall erst durch mich zur Kenntnis gekommen und 
Sie es nicht einmal für angezeigt erachtet haben, dessen ausführliche 
stellung seitens des Herrn G. Weicker nachzulesen. 
Was Ihren auf derselben Seite oben enthaltenen Aufruf bezüglich der 
„Zurückbringung von Brüchen mit d'er Hand" an den Autoritätsglauben des 
Publikums betrifft, indem Sie fragen, „ob es einem Manne, der, wie er selbst 
gesteht, nie einen eingeklemmten Bruch gesehen oder behandelt, mehr Glauben 
beimessen wolle, als solchen Leuten, welche in Tausenden von Fällen durch 
manuelle Zurückbringungsversuche günstige Erfolge erzielt haben", so wird sich 
derselbe zwar vielleicht wirksam erweisen, aber ich halte ihn keineswegs für ge 
rechtfertigt. Denn, so lange eine, ja auch sehr nahe liegende Methode, wie 
die Zurückbringung mit der Hand, fast ausschließlich geübt wird, kann auch 
nur sie Erfahrungen sammeln! Wenn diese dann zeigen, daß dabei doch auch 
in vielen Fällen Uebelstände eintreten — wie schon die Beobachtung vieler Chirurgen 
zeigt, daß der Bruchsack unter der Berührung mit der Hand durch die Reibung sich 
stark verdickt — greift man zu andern, und wenn diese erst Tausende von 
Fällen hinter sich haben, mit einem geringern, ja vielleicht ohne allen 
satz von Toten, dann weiß man erst, daß diese neue Methode 
die sogen. Taxis (Einbringungsversuche des Bruches mit der 
der von mir bezeichneten Richtung böse Wirkungen haben kar 
ich in Albert's Chirurgie S. 206 III. Band eine Stelle, die 
setzen muß: „Zweitens — so heißt es dort — giebt es eine bedeutende Zahl 
von Herniotominen (Bruchoperationen), wo die vorausgegangenen Taxisver 
suche derartige Quetschungen der Bruchdecken und des Bruchinhaltes verursacht 
haben, daß der letale (tötliche) Ausgang eben durch die Taxis mit ver 
schuldet sein kann." 
Ich danke, Herr Dr. Schulze, schwer wiegenderer Gründe bedarf es wo 
für meine Ansicht nicht, daß man mit den „Zurückbringungsversuchen mit 
Hand" höchst vorsichtig sein soll» sie am besten gar nicht oder doch nur 
dicker temperierter Kompresse vornimmt. 
Auch habe ich mich gefreut, aus dem dicken Buche von Albert zu ersehen, 
daß es auch heute noch wiffenschaftlich gebildete Chirurgen giebt, die ebenso, 
wie ich, prinzipiell von jeder Operation abraten. 
Das werden Sie also doch auch mir nicht verübeln dürfen, der bei 
einer ziemlichen Zahl von Fällen gewöhnlicher Brüche ausnahmslos die Er 
fahrung gemacht hat, daß bei deren naturgemäßer, wiewohl nicht einmal 
immer rechtzeitiger Behandlung, niemals ein „eingeklemmter" Bruch entstand. 
Um nun mit einem Mollakkord zu schließen, freue ich mich, Ihnen be 
züglich der Anmerkung S. 72 der Aprilnummer meine volle Zustimmung und 
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