Volltext: Der Naturarzt 1890 (1890)

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und Scharfsinn geschrieben ist, — und infolgedessen an mir selbst schon schön 
Erfahrungen mit der Wasserkur gemacht. Da die Sterblichkeit in der Stad 
so sehr überhand nahm, ließ es mir keine Ruhe mehr. Ich ging in viel 
Häuser und riet zum Wassergebrauch gegen die Cholera und zu gänzlicher 
Meldung der Medizin, da diese, wie immer, nur verderblich wirken könne; das 
Wasser dagegen herrliche Kühlung und Ausscheidung der Krankhcitsstoffe bringe 
bei der furchtbaren Glut und dem schrecklichen Angcgriffensein des Verdauungs 
apparats. So habe ich Hunderte von Personen gerettet: Kinder und Erwachsene, 
vom Medizinarzt Aufgegebene und Nichtaufgegebene. Die meisten ließ ich nur 
Wasser trinken, und sie erholten sich schon dadurch auf wunderbare Weise. 
Manche brachte ich auch in Ganzpackungen von angenehm warmem oder lau 
warmem Wasser und ließ sie so tüchtig schwitzen. Dadurch wurde alsdann 
der Durst wieder geweckt, und das reichlich getrunkene frische Wasser brachte 
die Ausscheidungen aus dem Verdauungskanal wieder in Gang; worauf dann 
bald Erleichterung und Herstellung eintrat. Wie ich schon 1 Jahr vorher in 
der Nähe von Quedlinburg viele Trichinenkranke geheilt hatte durch reichliches 
Trinkenlassen von frischem Wasser und durch lauwarme Waschungen des ganzen 
Körpers und besonders noch der Beine und Füße, so sah ich auch bi der 
Cholera wieder die überaus herrlichen Wirkungen des Wassergebrauches. Und 
wie ich damals in der Zeitung und im Kreisblatt die Medizin angegriffen 
hatte, so that ich es auch bei der Cholera wieder im Kreisblatt und empfahl 
allen Kranken das Wasser von innen und außen. Aber kein Arzt griff mich 
an, da alle ihre Ohnmacht fühlten, und das Publikum bei der furchtbaren 
Epidemie alles Vertrauen zu der Mcdizinanwendung verloren hatte. — Man 
kann Gott nicht genug preisen, daß er dem einfachen Landmanne Vinzenz Prieß- 
nitz das Genie gab, die wunderbaren Heilkräfte des gewöhnlichen Wassers zu 
entdecken, und daß er, der große und allgütige Gott, das Waffer mit solchen 
Heilkräften ausgestattet hat. 
Redaktionsbemerkung. Von einigen Cholera-Masscnbehandlungen 
Schindlers gab ich in voriger Nummer kurze Nachricht; weitere werden in der 
Biographie zu finden sein. Im Jahre 1863 gab Schindler eine wertvolle 
Monographie über die Cholerabehandlung nach Prießnitz'schen Grundsätzen 
heraus. Diese Schrift, Schindlers einzige schriftstellerische Leistung, ist gegen 
wärtig am spanischen Hofe. Das einzige Exemplar, welches in meinem Besitze 
war, wurde mir von einer hochgestellten Person zu diesem Zwecke abverlangt 
Gelbsucht und Naturheilkunde. 
* Vor ungefähr 9 Monaten spürte ich einen leichten Schmerz in'der Leber 
gegend. Ich achtete nicht darauf, dachte vielmehr, es werde von selbst wieder 
besser werden; doch das Gegenteil trat ein. Der Schmerz vermehrte sich, 
das Weiße im Auge färbte sich gelb, meine Kräfte nahmen ab, überhaupt trat 
allgemeine Erschlaffung ein. Da wurde ich denn doch ängstlich und schickte 
nach einem Arzte Derselbe kam, untersuchte mich und erkannte Gelbsucht. 
Er verschrieb mir große Schachteln Pulver, von welchen ich täglich^ mehrere 
Eßlöffel voll einnehmen mußte, sowie eine große Flasche Medizin. Er tröstete 
mich und meinte: in 3 Wochen hätte er die Krankheit beseitigt. iDoch es 
sollte anders kommen. Von jetzt an begann eine qualvolle Zeit für mich. 
Als Tags darauf der Arzt wieder kam, sagte ich ihm, daß ich schon seit 
4 Tagen keinen Stuhlgang gehabt hätte. Er tröstete mich .abermals und
	        
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