Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

störung einem nicht rechtzeitig vorgebeugten bezw. naturgemäß behandelten 
Mittelohreätarrh. Es ist daher bei den sogenannten Kinderkrankheiten, Masern, 
Scharlach, Diphtherie, Blattern rc. eine der ersten Aufgaben des Arztes, mit 
der für diese Leiden passenden Kur häufige 22° Ausspritzungen der Ohren 
vornehmen zu lassen. 
Der akute Mittelohreätarrh ist meist mit eitriger Absonderung einher- 
gehend und hat Schwerhörigkeit, Fieber und Schwindel im Gefolge. Wenn 
gut geht, bricht sich der Eiter durch das Trommelfell hindurch einen Aus 
weg; häufig aber dickt er ein, ist wie verhärtet, schwer zu entfernen und bringt 
unangenehme Erscheinungen hervor, besonders rasende Schmerzen. 
Um die Heilung örtlich zu beschleunigen, wenden wir Ohrendampfbäder 
an, im Gegensatze zu den Specialisten, welche meist frühzeitig das Trommelfell 
mit dem Mesfer bearbeiten. Selbst in den verzweifeltesten Fällen, — der 
Mittelohreätarrh kommt einem Arzte häufig zur Behandlung — gelang es, 
den Eiter zum Abflüße, die Trommelfellwunde zur Vernarbung zu bringen. 
Man nehme einen Topf mit siedendem Wasser, in das man, falls erforderlich, 
etwas Citronensaft gepreßt hat, stülpe einen Trichter darüber und lasse den 
Dampf durch den Hals des Trichters in den Gehörgang hineinströmen. Diese 
Kurform wird im Laufe des Tages mehrfach abwechselnd mit Dampfcompressen 
und Kopfdampsbädern wiederholt, wodurch selbst erhärtete Eiterpfröpfe entfernt 
werden. Im Übrigen ähnelt die Behandlung der oben für Furunculose 
beschriebenen, es ist aber nötig, rasch zu handeln, damit die Eiterung in der 
Paukenhöhle nicht die dünnen Knochenteile des Paukenhöhlendaches anfressen, 
und so allmählich eine Gehirnhautentzündung gefährlicher Art entsteht. 
In gleicher Weise wird der trockene Mittelohreätarrh geheilt, von welchem 
besonders scrophulöse, plethorische (vollblütige) und bleichsüchtige Personen 
heimgesucht werden; bei letzteren kommt allerdings die Allgemeinbehandlung noch 
in Betracht, in Sonnenbädern, Dampfbädern u. s. w. bestehend. 
Die Leiden des Gehörnerven gehen entweder vom Gehirne als Central 
organ, oder von den m das Labyrinthwasser eintauchenden Nervenfasern aus; 
sie sind in einer großen Anzahl von Fällen nicht heilbar. Allerdings wird 
wohl auch hierbei die Naturheilmethode für die Zukunft bessere Aussichten 
machen können, wenn erst einmal mehrere Ärzte sich ihr angeschlossen und wir 
es zu einem klinisch eingerichteten Krankenhaus für unser Heilverfahren (an 
dem es leider noch mangelt) gebracht haben werden, um darin maßgebende 
Fundamentalfälle aufzuweisen. Aus meiner Stuttgarter Praxis ist mir ein 
Fall von nervösem Ohrenleiden erinnerlich, der nach den verschiedensten Versuchen 
von Specialisten für unheilbar erklärt worden war. Neben den oben ge 
schilderten Mitteln wandte ich noch folgendes an: 
Ich ließ 2 Jrrigateurs (Spülgefäße) mit Ansatz für Ohrendouchen auf 
hängen, von denen der eine mit 18° Wasser, der andere mit 26° Wasser gefüllt 
war. Beide Apparate ergossen zur selben Zeit ihren Inhalt auf je ein Ohr. 
Vier Stunden später wurde dieselbe Maßnahme getroffen, nur in umgekehrter 
Anordnung und so fort in ständigem Wechsel. Nach achtwöchentlicher Kur, zu 
der sich noch besonders Ohrenmassage gesellte, war das Gehör vollständig her 
gestellt. Ob nicht wohl durch die Wärme-Unterschiede eine Art electrischer 
Nervenreizungen hervorgerufen worden war? 
Aus dem Aufsatze wird man ersehen, daß die Naturheilmethode in der 
Behandlung von allerlei Krankheiten, wenn auch nie Wunder, so doch oft 
Erstaunliches, an's Wunderbare Grenzendes liefert. Die Technik ihrer Anwendungs 
formen ist einer unendlich mannigfaltigen Ausbreitung fähig, und selbst schwere 
L»iden, bei denen der Kranke sonst vom Specialisten geplagt wird, heilen ohne
	        
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