Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

besser sich bewegen, als wenn sie in feste Massen eingebettet lägen und zweitens 
hat die äußere Luft einen Gegendruck bei allzu starkem Anprall der Schall 
wellen, das Trommelfell ist demnach vor dem Zersprengtwerden besser geschützt; 
etwa wie ein Ei schwer zerbricht, wenn an den Spitzen annähernd gleicher 
Druck und Gegendruck ausgeübt wird. 
Die Gehörknöchelchen, Hammer, Ambos und Steigbügel, die kleinsten 
Knochengebilde des menschlichen Organismus, stehen in engster Verbindung mit 
einander und bilden ein Sperrgelenk, so daß sie sich alle gleichzeitig um eine 
bestimmte Axe drehen müssen; es kann sich das eine nicht bewegen, ohne zugleich 
die Bewegung der beiden anderen Knöchelchen im Gefolge zu haben. Der 
Hammer haftet mit einem Punkte fest am Trommelfell, dessen sämtliche 
Schwingungen er mitmacht, dadurch also auch seine lilliputanischen Collegeu 
in steter Arbeit erhaltend. 
Die Fußplatte des Steigbügels (einem solchen in der That gleichgestaltet) 
verschließt das sogenannte ovale (eiförmige) Fenster und eine Öffnung im knöchernen 
Schädel, der Schnecke, die einen zwei einhalbmal schneckenartig gewundenen, an 
der Innenfläche häutigen Kanal vorstellt. Die Schnecke mit den drei halbmond 
förmigen an ihr liegenden Bogengängen heißt das Labyrinth und enthält 
Flüssigkeit, das Labyrinthwaffer. In dieses Labyrinthwasser hinein tauchen 
die Endfasern des dem Gehirne paarig entspringenden Gehörnerven. 
Der Weg und die Art der Gehörsempfindung gestaltet sich demnach so: 
Die Schallwellen gelangen durch den äußeren Gehörgang an das Trommelfell, 
welches dadurch in Vibrationen (Schwingungen) gesetzt wird. Die Schwingungen 
des Trommelfelles setzen die Gehörknöchelchen in entsprechende Thätigkeit, dadurch 
wird von der Fußplatte des Steigbügels stets und ständig an das ovale Fenster 
der Schnecke gepocht, hierdurch das Labyrinthwasser in dauernder Bewegung 
gehalten. Die Bewegung des Labyrinthwassers überträgt sich auf die von ihm 
umspülten Endfasern des Gehörnerven, weiterhin auf diesen selbst bis zu seinem 
Ursprünge im Gehirne. Soweit können wir alles verfolgen, was aber dann 
im Gehirne vor sich gehen muß, damit die Schwingungcn..in die Gehörs 
wahrnehmung umgesetzt wird, bleibt wohl ewig unergründlich. 
Auch noch in anderer Beziehung ist das Gehirn für das Hören nötig, — 
nämlich zum Aufmerken. Wir hören oft das Schlagen einer Uhr nicht, wenn 
unsere Aufmerksamkeit anderen Dingen zugewendet ist; ein langanhaltendes, 
gleichmäßiges Geräusch, wie z. B. das Summen einer Biene wirkt ermüdend 
auf das Gehirn und wir vernehmen es schließlich nicht mehr. Auch gewöhnt 
sich das Gehirn an gleichmäßige, oft eintretende Laute und Geräusche, z. B. 
kann der Müller ruhig am rauschenden Bache, bei klappernder Mühle 
schlummern, — vorausgesetzt, daß er ein gutes Gewiffen und das Mehl nicht 
verfälscht hat. 
Auf die Physiologie der Gehörsempsindungen, die zum großen Teile in 
phystcalischen Lehrbüchern besprochen sind, wollen wir im Speciellen nicht 
eingehen und werden lieber die Hauptursachen und Hauptsymptome der wichtigsten 
Ohrenleiden, sowie deren naturgemäße Behandlung besprechen. 
(Fortsetzung und Schluß folgt).
	        
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