Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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Annaberg i. Erzgeb. Am 8. Januar hielt der Naturheilkundige, Herr A. Conrad, 
einen Vortrag über: „Das Herz im gesunden und kranken Zustande". Der Vortrag war 
eingehend, klar verständlich und wurde mit vielem Verfall aufgenommen. 
Berlin. Der Berliner Verein I für Naturheilkunde feierte am 20. er. in den prächtigen 
Sälen des Vereins junger Kaufleute sein diesjähriges Stiftungsfest unter sehr reger Beteiligung 
der Mitglieder. Der Vorsitzende des Vereins, Herr Schmeidel, eröffnete das Fest mit 
einer Ansprache, welche in einem „Hoch" auf S. Maj. den Kaiser gipfelte. Die Gesellschaft 
wurde durch eine Reihe scherzhafter und ernsterer Vorträge und Ansprachen in die heiterste 
Stimmung versetzt. Unter den Trinksprüchen ist derjenige des Herrn H. Canitz auf den in auf 
opfernder'Thätigkeit dem Woble des Vereins sich widmenden Vorstand hervorzuheben, der 
wiederum der gleichen Eigenschaft des Herrn Vorredners gedachte. Die fröhlichen Mienen 
aller Beteiligten bezeugten, daß das Bemühen der Herren Festordner von Erfolg gekrönt war. 
Jugendheim in Wiesbaden. 
Einer unserer treuesten Anhänger und Mitstreiter, zugleich ein Jugendbildner „von 
Gottes Gnaden", Herr Lehrer A. Gasser, hat in Verbindung mit einem tüchtigen Arzte 
der hygieinischen Schule, Herrn vr. Frech,in Wiesbaden eine Anstalt für Gesundheits 
pflege und Erziehung leidender, schwächlicher und genesender Söhne ge 
bildeter Stände eingerichtet. Dieselbe liegt in unmittelbarer Nähe der Stadt, dicht 
am Kurpark, frei und hoch. Die innere Einrichtung entspricht allen ästhetischen und gesund 
heitlichen Anforderungen, der Garten mit Spiel- und Turnplatz gestattet beliebige Bewegung 
in frischer Luft. Unter Benutzung der zahlreichen Hilfsmittel und der klimatischen Ver 
hältnisse Wiesbadens, wird mittelst wohlgeregelter Ernährung, durch Bäder, Massage, Heilgym 
nastik und Anwendung von Elektricität, durch Erheiterung des Gemüts, (anregende Arbeit, 
Turnen, Spiel im Kreise der Jugendgenossen, Spaziergänge, Lektüre, Musik) die Kräftigung 
und Genesung der schwächlichen und kränklichen Kinder erstrebt. Kranke kommen nicht zur 
Aufnahme. Die Zöglinge empfangen, soweit deren Zustand es erlaubt, geoidneten Unterricht 
in allen Schulfächern. Herr Gasser selbst im Vereine mit 2 Gymnasiallehrern erteilt den 
selben. Unter Umständen können die Kinder auch die nahe gelegenen städtischen Schulan 
stalten besuchen. 
Wer die Verhältnisse unserer Großstädte kennt, wird jedes derartige Unternehmen mit 
Freuden begrüßen müssen, dessen Leitung in guten Händen liegt. Die besseren Stände 
wären auch in der Großstadt im Stande, ihren Kindern eine vernünftige Erziehung 
angedeihen zu lassen. Dies geschieht aber nur in seltenen Fällen. Durch eine üppige und 
verweichlichende Lebensweise, durch den Mangel an ausreichender Bewegung in frischer 
Luft, durch das Bestreben, die Kinder recht rasch und vielseitig gebildet (?) zu machen, wird 
ein Geschlecht gezüchtet, dessen Widerstandsfähigkeit den schädigenden Einflüssen der Großstadt 
gegenüber bedauernswert gering ist. Es thur mir immer in der Seele weh, wenn ich so 
ein kleines, geschniegeltes, behandschuhtes Herrchen, das Spazierstöckchen in der Hind, mit 
seiner Erzieherin ..ausgehen" sehe. Die „goldene Jugendzeit", das Slchaustoben mit Alters 
genossen, die Poesie des Umherstreifens in Wald und Feld — unsre großstädtische Jugend 
kennt es Nicht. Zwar richten erfreulicherweise die städtischen Verwaltungen Spielplätze für 
die Jugend ein, aber für die Kinder der „gebildeten" Stände „schickt es" sich nicht, dort mit 
zu spielen. Kein Wunder, wenn schon der lOJährige nervös ist, wenn er in frühem Alter 
schon sittlich auf Abwege gerät, die Leib und Seele veiderben. Für solche Kinder kann der 
Aufenthalt in einer pädagogisch und ärztlich gut geleiteten Anstalt von großem Segen 
werden, und ich freue mich daher, daß sich in Wiesbaden zwei Männer zusammen ge 
funden haben, die wohl im Stande sind, allen Anforderungen gerecht zu werden. — 
Glück aus dem jungen Unternehmen! W. Siegert. 
Ärztlicher Briefkasten. 
Frau A. in W. Sie fragen, ob das russische Dampfbad für ihre drei etwas schwäch 
lichen Mädchen (11, 13 u. 14 Jahre) empfehlenswert sei. — Meine Kinder nehmen seit 
2 Jahren (ausgenommen während der Sommermonate, wo sie im Freien baden) allwöchent 
lich ein Dampfbad, (allerdings Kaftendampfbad, doch thut das in diesem Falle nichts zur 
Sache). Ich begann damit in den Weihnachisferlen 1887. Die Kinder (damals 8 u. 10 Iahe) 
bekamen erst 4 Tage hinter einander ein Dampfbad, in der nächsten Woche einen Tag 
um den andern und dann wöchentlich eins. Insbesondere ist während der kalten Jahres 
zeit das Dampfbad sehr zu empfehlen, weil dann die Ausdünstung durch die Haut unter der
	        
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