Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

daß er dann nur durch die gewöhnlichen Kaubewegungen mit den beiden Kiefern 
des Mundes und mit Hilfe der Zunge die Mischung der klein gemachten Speise 
mit dem sich absondernden Speichel vorzunehmen nötig hat. 
Ein zweites, unumgänglich notwendiges Erfordernis beim Essen ist die 
gehörige Berücksichtigung der Temperatur der Speisen und Getränke. Wenn 
jeder Gesunde oder Kranke bedenken wollte, wie viel, unsäglich viel Elend und 
Siechtum allein bloß durch Vernachlässigung dieser Vorsicht, durch den Genuß 
zu heißer oder zu kalter Nahrungsmittel fortwährend herbeigeführt wird; wenn 
er sich überlegen wollte, daß Krankheiten der schwersten, langwierigsten, ja sogar 
unheilbarer Art. aus solch' leichtsinnigem Verhalten hervorgehen können, so 
würde er sicherlich ängstlicher und gewisienhafter, als bisher auf die Prüfung 
der Wärmegrade der von ihm zu genießenden Speisen und Getränke Bedacht 
nehmen. Die höchste Temperatur eines Nahrungsmittels betrage nie wesentlich 
mehr als 30" B und selten weniger als 10" B. Kann man nicht anders, als 
ein Getränk von noch geringeren Wärmegehalten zur schleunigen Löschung seines 
brennenden Durstes zu schlürfen, so geschehe dies nur in so kleinen Mengen, daß 
dieselben schon im Munde und auf dem Wege nach dem Schlunde sich so 
weit erwärmen, daß eine innere Erkältung (z. B. des Magens) nicht möglich ist. 
Ganz gleichwertig mit der Nahrung, ja gewissermaßen noch wichtiger als 
dieselbe erscheint der Genuß der reinen, guten Luft der Natur, denn ohne 
dieselbe vermag der Mensch kaum einige Minuten, ohne Speise und Trank aber 
unter Umständen einige Tage zu leben. Der Nervenkranke soll aber solche 
Luft nicht bloß zeitweilig, sondern möglichst ohne Unterbrechung atmen, also 
nicht nur bei Tage, sondern auch während der Nacht. Die Frage ist nur die, 
wie solches anzustellen ist. Im Sommer, oder überhaupt bei milder Witterung, 
gestattet jeder Aufenthalt im Freien während des Tages und das Offenhalten 
der Fenster in dem an das geöffnete Schlafgemach angrenzenden Zimmer zur 
Nachtzeit das stete Atmen der frischen Luft: im Winter dagegen, oder im 
allgemeinen bei rauher Witterung darf der Kranke seine Atmungsorgane 
entweder gar nicht oder nur auf eine kurze Zeit, je nach der Schwere seines 
Leidens dem direkten Einflüsse der freien Luft (aber auch dann nur bei geschlossenem 
Munde) aussetzen; er muß daher zu dieser Zeit entweder ein mildes Klima 
aufsuchen, oder, wenn ihm die Mittel und die Umstände dies nicht gestatten, 
dafür Sorge tragen, daß er in geschlossenen Räumen stets gute, reine und 
milde Luft atme. Die äußere freie, rauhe und kalte Luft muß daher an 
irgend einer Stelle ungehindert Tag und Nachl in das Wohnzimmer eindringen 
und durch künstliches Erwärmen seine rauhe Eigenschaft verlieren können. 
Hierzu eignen sich jetzt die in vorzüglichem Grade zu diesem Zwecke her 
gestellten Ventilatoren, welche in unmittelbarer Nähe des Ofens äußere, frische 
Luft dem Zimmer zuführen und wegen ihrer Lage zugleich die stete Erwärmung 
der immer neu eintretenden Luftmengen gestatten. Bei dieser Erwärmung trocknet 
aber die Luft leicht zu sehr aus, und in einer, wenn auch sonst ganz reinen 
Atmosphäre, von gar keinem oder zu geringem Gehalt an Wasserdunst kann 
der Mensch nicht leben, man muß daher dafür sorgen, daß die Zimmerluft 
fortwährend genügende Zufuhr von diesem letzteren Bestandteil erhält, indem 
man ein Gefäß mit Waffer auf den Ofen stellt, wo denn die Dunstbildung 
sofort von statten geht. Ganz arme, unbemittelte Kranke, deren Wohnzimmer 
zugleich Schlafzimmer ist, und welche nicht die bequeme.. Einrichtung eines 
Ventilators haben können, müssen sich durch zeitweises Öffnen der Fenster 
warm einzuhüllen und gegen den Zug zu schützen 
2uft im Zimmer erneut und genügend erwärmt ist. 
kann man sich auf diese Weise helfen, daß man das
	        
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