Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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sind besonders nützlich bei Personen, welche an Verdauungsbeschwerden leiden, 
sowie an Hämorrhoiden, Stuhlverstopfung rc. 
Zu den passiven Bewegungen gehören: 
1. Das Reiten. Es ist dies eine der gesundesten und angenehmsten 
Leibesübungen. Es erfordert aber noch große Muskelanstrengung, um der 
vom Pferde dem Körper mitgeteilten Ersch tterung Widerstand zu leisten und 
sich trotz derselben im Sattei zu halten. Als Ersatz wenigstens für andere 
Körperbewegungen hat das Reiten immerhin seinen Wert bei schwächlichen, 
älteren oder trägen Personen, bei Stubensitzern, Hypochondern, auch bei 
hysterischen Frauen. Unpassend und selbst schädlich wäre das Reiten bei Per 
sonen mit Brüchen, bei Frauen mit krankhafter Reizbarkeit der Geschlechtsteile, 
bei Leiden der Harnorgane, endlich auch bei Herzkranken. 
2. Das Fahren. Bei dem Fahren findet fast gar keine Muskelanstren 
gung statt, und die ganze Thätigkeit beschränkt sich blos darauf, dem Körper 
trotz der etwa vom Wagen mitgeteilten Erschütterungen oder Bewegungen 
sein Gleichgewicht zu erhalten. Das Fahren kann daher gar nicht als Leibes 
bewegung im eigentlichen Sinne gelten. Auch verdient das Fahren im Wagen 
höchstens solchen in diätetischer Hinsicht empfohlen zu werden, welche keine aktive 
Bewegung im Freien machen können, wie dies nicht selten bei Schwächlichen, 
bei erschöpften Reconvalescenten der Fall ist. 
Zu rasches Fahren hat leicht Wallungen, Schwindel zur Folge, bei Reiz 
baren sogar Erbrechen und Krämpfe. Ganz besonders Vorsicht aber erfordern 
Frauen im Anfang wie gegen Ende der Schwangerschaft, rmd ist hier jedes 
Fahren in stoßenden Wagen zu vermeiden. 
Die Widerstandsbewegungen sind halbaktive Bewegungen, d. h. solche, 
wo ein Individuum eine Bewegung macht, ein zweites aber dieselben zu hindern 
sucht, resistiert, Widerstand leistet. Die Widerstandskraft kann durch Maschinen 
geleistet werde». 
Alle genannten Beweaungsformen können sich sowohl auf einzelne als 
auf mehrere Körperteile erstrecken. Wenn mehrere zugleich gewisse Übungen 
ausführen und dabei in besonderen, abwechselnden Stellungen zu einander 
geordnet sind, so stellt dies die Gemein- oder Ordnungs-Übungen dar. 
Für die Erziehung und Diätetik des Volkes ist cs ein dringendes Be 
dürfnis, daß die Gymnastik ein Gemeingut aller Stände und Altersklassen wird 
und — zwcckoienlich modificiert — dem weiblrchen Geschlechte nicht minder als 
dem männlichen zugänglich sei, ohne aus unseren Jungfrauen Amazonen oder 
emanzipierte Löwinnen bilden zu wollen. 
Herr Scmitätsrat Niemeyer 
und „naturärztliche Schreibereien". 
Seit dem ,,Prozeß Canitz" wählt Herr Sanitätsrat Niemeyer mit 
Vorliebe die Naturheilkunde zum Gegenstände seiner Betrachtungen. In einem 
Vortrage über „naturärziliche Kuriererei" (vergl. Berl. Tagebl. Nr. 528 und 
Nr. X der „Hygieia") bringt derselbe u. a. eine ,,Blütenlese aus naturärzt 
lichen Schreibereien", bezüglich deren wenige Worte gestattet seien. 
V'orweg mag persönlich bemerkt werden, daß ich jederzeit und jedem für 
sachliche Kritik dankbar bin, daß ich mir ferner nie angemaßt habe, „hygiei 
nischer Schriftsteller" zu sein. Wenn ich neben meinen mehr als vierzig wöchent 
lichen Schulstunden vor volloesetzten Klassen und einer aufreibenden Vereins 
thätigkeit noch die Zeit zu gewinnen suchte, um einiges über Gesundheitspflege 
und Naturheilkunde zu schreiben, so habe ich selbst eine viel zu geringe Mei
	        
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