Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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Operationen. Das Volk wünscht nickt mehr ausschließlich mit Arzneimitteln und Giften 
und wiederum auf chirurgischem Wege allein in Krankheilsnöten behandelt zu werden, zumal 
es sich ergeben hat, daß in der Tat auch unschädlichere Mittel Heilmittel sein können. Unbedingt 
müßte dasWasserheilVersahrenals obligatorisch er Lehrgegenstand in die ärztliche 
Schule eingeführt werden, denn die nicht geringen Erfolge desselben lassen sich nicht 
wehr wegleugnen, und auch das Wafferhvilverfahren will, wie alles, erlernt sein." „Dem 
Arzte muß schon auf den Universitäten ein von Vorurteilen freies Denken 
angewöhnt werden." „Was die Ätiologie, die Diagnostik der Krankheiten und die einzelnen 
Untersuchungsmethoden betrifft, können die Universitäten ihren Hörern fast Mustergiltiges 
vortragen. Aber was den therapeutischen Unterricht betrifft, so sind die 
Universitäten befangen, hier bleiben sie oft noch zähe am Althergebrachten, auch wenn 
das praktische Leben längst bewiesen hat, daß dieses Alte sich überlebt hat. Man lese nur 
einmal die vielen Lehrbücher. Was finden wir noch für alte therapeutische Reminiscenzen 
darin, Urväter Hausrat, nicht nützlich mehr für die heutige Zeit." „Möchte doch auch die 
Universitätsmedizin beginnen, mit dem noch aus dem Mittelaller ihr verbliebenen Dogmen, 
daß dieser oder jener Substanz eine ganz besondere Heilkraft innewohne, sofern sie in keiner 
Weise bewiesen ist, oder daß diese Krankheit nur auf diesem, jene nur auf jenem Wege 
beseitigt werden könne, aufzuräumen." „Wir vergessen, daß wir es bei der ärztlichen 
Behandlung mit kranken Menschen zu thun haben, mit denkenden Wesen, die 
auch wissen wollen, was der Arzt mit ihnen vornimmt, die auf dem aller- 
einfachsten, vernünftigsten, dabei möglichst ganz ungefährlichen Wege wieder 
gesund werden wollen. Wenn wir es zu bunt mit diesen Leuten treiben, hier bei jeder 
nur möglichen Gelegenheit gleich mit der Curette resp. der Uterinspritze und dem Ekraseur 
vorgehen, ohne ganz notwendigen Grund die Magensonde einführen, den Kehlkopf mit Ätz 
mitteln malträtieren, scharfe Salben an das leicht kranke Auge bringen u. s. w. u. s. w., 
wo überall vielleicht viel ungefährlichere Mittel zur Behandlung oder gar Heilung genügten, 
oder gar ohne viele Gewissensbisse, um unsere chirurgische Geschicklichkeit zu beweisen, größere 
Wunden setzen und Gliedteile und ganze Glieder amputieren, die vielleicht bei anderer Behandlung 
dieser Kranken erhalten bleiben konnten, können wir uns dann wundern, daß unsere 
Aranken sich vielfältig von uns abwenden?" 
Wir haben dem Vorstehenden nichls zuzufügen und bedauern nur, daß die hier aus 
geführten Stimmen nicht zur Verteidigung herangezogen worden sind. Vernichtender hätte 
selbst ein von „unauslöschlichem Haß gegen die arzneiliche Behandlung" eingenommener 
Laie der wissenschaftlichen Voreingenommenheit — um keinen stärkeren Ausdruck zu 
gebrauchen — der betr. Sachverständigen entgegentreten können. W. S. 
Der Aampf bis aufs Messer 
zwischen der schulgemäßen Heilkunde und dem natürlichen Heilverfahren. 
Von Dr. med. Lahmann, Weißer Hirsch.*) 
„Ärzte und gebildete Laien sehen heute die Aufgabe der Krankheitsbehandlung weniger 
in Anwendung specifisch wirkender Medikamente — ihre Rolle scheint, von sehr wenigen Aus 
nahmen abgesehen, ausgespielt — als vielmehr in Beseitigung der Schädlichkeiten, welche die 
Krankheit hervorriefen, und in richtiger Beherrschung der Lebenseinflüffe im weitesten Sinne 
des Wortes." So schreibt — es ist mir das zunächstliegende Beispiel, dem zahlreiche ähnliche 
Aussprüche von Professoren und Ärzten anzufügen wären—Prof. Dr. Fink elnburg in Bonn. 
Ich glaube, es finden sich wenige Ärzte oder gebildete Laien, die dies nicht unterschreiben 
würden. — Wenn nun aber andere Leute kommen und statt des Wortes „weniger" das 
Wörtchen „nicht" setzen und an Stelle der mehr negativen Heilmaßnahmen allgemein diäte 
tischer Art mehr positive anwenden, nämlich die speciell ausgebildeten diätetischen Heilfaktoren: 
die Wasserkur, die Massage und Bewegungskur, die Diätkuren und Verwandtes: so sollte 
man meinen, daß die Obengenannten diesen vervollkommneten Satz noch um so lieber unter 
zeichnen würden, da des wirklichen Nutzens für die kranke Menschheit um soviel mehr ge 
schähe, als „Positives" mehr als „Negatives" ist. Da jrrt man sich aber nun ge 
waltig, wenigstens in Bezug auf die Mehrzahl der Ärzte; denn es wird ja von 
ihnen etwas verlangt, was sie nicht gelernt haben, und da gilt, weil es leider heut zu 
Tage Autodidakten (die aus sich heraus etwas gelernt haben) kaum giebt: was sie nicht 
kennen, steht ihnen meilenfern. Die Laien aber unterfchreiben den neuen Satz um so lieber^ 
da diesen Brot anstatt der bisherigen Steine einer nihilrstischen Therapie, welche die 
medicamentäre zu Grabe trug, geboten wird. Sie sehen sich von den Ärzten verlassen 
*) Nachdem ich vergeblich nachstehenden Aufsatz in eine politische Zeitung zu bringen mich 
bemühte, möchte ich denselben den Lesern dieses Blattes wenigstens vorführen. Dr. L.
	        
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