Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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spruch „Suaviter in modo, fortiter in re zu deutsch: mild in der Form, wirk 
sam in der Sache." 
Heilung eines schwerverletzten Rnaben. 
Mitgeteilt von Vswald Süß, Vorsteher des Naturheilvereins zu Werdau. 
Am 17. September 1888 wurde der elfjährige Schulknabe Emil Knorr 
von einem andern Knaben mit einem ca. 2 Pfund schweren Stein an die 
linke Seite des Kopfes geworfen. Hierdurch wurde die Hirnschale zertrümmert; 
ein kleiner Teil des Steines drang in das Gehirn ein und blieb darin stecken. 
Der Knabe stürzte hin und gab kein Lebenszeichen von sich. Er wurde in 
die Wohnung seiner Mutter gebracht. Einem sofort herbeigerufenen Arzte 
gelang es nach vieler Mühe, den Knaben wieder in das Leben zurückzubringen 
und das reichlich aus der Wunde hervorquellende Blut zu stillen. Die 
Sprache blieb aber vollständig weg, da nach dem Ausspruch des Arztes das 
.„Sprachcentrum des Gehirns" verletzt war. Durch zwei Operationen wurden 
mehrere Splitter der Hirnschale und etwas Gehirn entfernt. Vier Wochen 
nach dem Unfälle trat eine rechtsseitige Lähmung ein. Die Ärzte erklärten, 
daß, wenn der Knabe trotz seines hoffnungslosen Zustandes am Leben bleiben 
jollte, er dauernd gelähmt und geistig gestört sein würde. Die Apotheker 
rechnung war nach sieben Wochen auf 23 Mark angelaufen. 
Auf Vorschlag eines überzeugten Anhängers unserer Sache, des Herrn 
Pampel, 2. Vorsitzenden des Vereins, sollte der hier praktizierende Natur 
arzt Herr Ludorff, zu Rate gezogen werden. Am 10. November 1888 
besuchte Herr Pampel diesen, berichtete über den Krankheitsfall und bat, den 
Kranken in Behandlung zu nehmen. Herr Ludorff ließ sich zunächst nicht 
bewegen, eine bündige Zusage zu erteilen; denn da das Gehirn verletzt und, 
wie behauptet worden war, in Eiterung übergegangen sei, glaube er selbst 
nicht an Heilung. Er gab nnr das Versprechen, den Kranken einmal zu be 
suchen. Am 11. November fand der erste Besuch statt. Herr Ludorff 
berichtet darüber Folgendes: 
„Ich wußte wohl, daß ich zu einem Kranken ging, aber daß ich ihn 
in einem solchen Zustand treffen würde, glaubte ich nicht! In einem auf 
dem Sopha hergerichteten Bette lag ein lebendes Skelett, denn anders konnte 
man den Kranken nicht nennen. Tief eingesunkene, von Fieberglut glänzende 
Augen starrten mir entgegen. Als ich den Knaben anreden wollte, teilte mir 
die Großmutter mit, daß er weder reden, noch den rechten Arm und das 
rechte Bein bewegen könne. Ebenso sei er schon seit seinem Unglücke ohne 
Besinnung, weshalb auch die Ausscheidungen unbewußt abgingen. — Bei diesem 
hoffnungslosen Zustande schien es mir kaum geraten, die Behandlung zu 
übernehmen. Nachdem ich jedoch die Angehörigen darauf aufmerksam gemacht, 
daß das Naturheilvcrfahren in diesem schweren Falle sehr viel Mühe und 
Arbeit erfordern würde, und daß hier Heilung nicht in ein paar Tagen, 
sondern vielleicht erst nach Monaten möglich sei, begann ich im Einverständnis 
mit Mutter und Großmutter die Kur. 
Zuerst wurde der Kranke, um die völlig darniederliegende Hautthätigkeit 
anzuregen, in ein Halbbad von 26° R. gebracht und von uns drei Personen 
gehörig gewaschen -und frottiert. Dann bekam er eine Ganzpackung. Da sich 
kein Schweiß zeigen wollte, wurden nach und nach sechs Dampfkruken ange 
legt. Nach drei Stunden nahm ich den Kranken aus der Packung, obwohl 
sich nicht die geringste Hautthätigkeit wahrnehmen ließ, und badete ihn in 
26° Wasser ab. Nach drei Stunden Ruhe wurden Bein-, Arm- und Rumpf-
	        
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