Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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gende Kost: Milch, Fleisch, Eier, Brühe und Wein zur Stärkung. Der Zu 
stand erlitt eine fortschreitende Verschlimmerung und empfahl der Arzt als- 
letztes Hilfsmittel die Vornahme der künstlichen Frühgeburt. 
Der Ehemann, welcher davon Kunde erhielt, daß ich das Naturheilver 
fahren anwende, und der auch die genannte Operation zu umgehen wünschte,, 
veranlaßte mich, nach Sp. zu kommen, wo ich zum ersten Mal am 20. Mai 
eintraf. Frau D. bot ein wachsbleiches Aussehen dar, das Gesicht war ge 
dunsen. Die Beine waren um mehr als das Doppelte ihres natürlichen Um 
fanges angeschwollen. 
In der Kreuzbeingegend war ebenfalls eine teigige Schwellung bemerkbar- 
und strahlten hierhin auch heftige Schmerzen aus. 
Ferner bestand noch Bauchwassersucht; die venösen Gefäße des Unterleibs- 
waren beträchtlich gefüllt und erweitert und boten das Aussehen förmlicher 
Krampfadern dar. Der Urin war eiweißhaltig. Meine Verordnungen lauteten 
wie folgt: 
1) 3 l i Packungen mit Wasser von 25 0 E. und Bettdampfbad zur Anre- » 
gung der Schweißabsonderung. 
2) Kreuzpackungen, um auf die Nierenthätigkeit zu wirken. 
3) Dampfkompreffen in der Kreuzbeingegend zur Milderung der Kreuz 
schmerzen. 
4) Vegetarische Kost und Verbot von Fleisch, Brühe, Eier, um weitere 
Eiweißzufuhr zu verhindern. 
Bereits nach acht Tagen, als ich zum zweiten Mal nach Sp. fuhr, konnte 
ich eine erhebliche Besserung konstatiren. 
Die von mir beschriebenen Schwellungen der venösen Gefäße des Unter 
leibs waren verschwunden. Die Nierenthätigkeit war eine lebhaftere, außer 
dem hatte sich auch die Wassermenge in den Beinen verringert. Am 10. Juni 
erfolgte die Geburt eines Mädchens leicht und ohne Kunsthilfe. 
Die Krankheitserscheinungen, welche kurz nach der Entbindung zurückzu 
gehen schienen, traten etwa 8 Tage darauf von Neuem ein. 
Trotzdem ich bei meiner nur zweimaligen Anwesenheit in Spr. den oben 
geschilderten günstigen Kurerfolg erzielte, begab sich Frau D. wiederum in Be 
handlung des zuerst consultirten Arztes. Es wurden von demselben die ver 
schiedenen schulgemäßen Arzneimittel zur Anregung der Nierenthätigkeit ange 
wandt (Wildunger Wasser, essigsaures Kali, Digitalis sFingerhutblätters). Auch 
Pilocarpin wurde injicirt zur Anregung der Schweißthätigkeit. Sofort trat 
hiernach Erbrechen auf. Außerdem stellte sich noch eine heftige Venenentzün 
dung der linken Oberschenkelgegend ein, gegen welche graue Salbe angewandt 
wurde. 
Der Sp. Arzt erklärte nunmehr den Zustand für hoffnungslos. 
Nachdem so alle allopathischen Mittel erschöpft waren, wandte sich die 
Patientin dem Naturheilverfahren, welchem sie anfangs mit Vorurteil gegen 
überstand, auf welches sie aber jetzt ihre letzte Hoffnung setzte, wieder zu. 
Am 29. Juni traf ich wieder in Sp. ein. 
Die Verdauung und der gesamte Kräftezustand lagen darnieder. Puls 
zahl über 100, Urin stark eiweißhaltig. 
Ich verordnete Dr. Lahmann's Nährsalz-Cacao, da andere Speisen nicht 
vertragen wurden. Außerdem bestand ich auf Ausschluß sämtlicher Arzneien. 
Von Packungen nahm ich vor der Hand mit Rücksicht auf die gesunkenen Kräfte 
Abstand. 
Nur ließ ich gegen die Venenentzündung, welche mit bedeutender Hitze 
einherging, eine kühlende Prießnitzffche Obcrschenkeleinwickelung machen.
	        
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