Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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7 Uhr die Hitze, welche bis 11 Uhr steigt; sie klagt täglich mehr über Rücken-. 
Rippen-, auch Magenschmerz, weiters auch über Druck und Beängstigung in 
der Brust; heute hatte sie auch morgens Fieber von 38,3°. Appetit seit zwei 
Tagen sehr wenig. Um bestimmter zu wissen, welcher Krankheitszustand vor 
liegt, haben wir unseren Hausarzt, Dr. H. rufen lassen. Derselbe findet meine 
Schwester hoffnungslos an Tuberkulose erkrankt, infolge eines „Riesenexsudates", 
welches bereits die linke Rückenseite und auch ein Stück der linken Vorder 
seite ergriffen hat. Giebts da keine Rettung auf hydropathischem Wege? Der 
Auswurf ist entweder stark gelb oder wcißschäumig. Das Herz ist infolge 
der Ausschwitzung nach der Mitte des Magens verschoben, daher die Magen- 
schmerzen. Der Doktor ist mit Ihrer Kur einverstanden, hat aber keine 
Hoffnung für das Auskommen der Kranken. Puls heute Abend 5 Uhr 120, um 
10 Uhr 90 Schläge; Fiebcrgrad 38,9. Das sich steigernde Fieber zeigt deutlich 
die Tuberkulosen - Entwickelung in der Ausschwitzung. Bitte sofort eine 
telegraphische Mitteilung, wann Sie kommen können." 
Was nun thun? Sollte ich unter diesen Umständen die Behandlung 
ablehnen, da doch voraussichtlich auch bei dieser der Fall tödlich verlaufen 
würde? War nicht zu fürchten, daß man dann wieder die Naturheilmethode 
für den unglücklichen Ausgang verantwortlich machen werde? Das Be 
wußtsein, bei den zahlreichen vorurteilsfrei denkenden Verwandten wenigstens 
Verständnis zu finden, bestimmte mich endlich, nicht abzusagen. Ich reiste am 
20. September früh zur Kranken ab und pflog noch an demselben Abend mit 
Dr. H. Beratung, zuerst am Bett der schwer Erkrankten und dann unter 
uns allein, bezw. mit den Angehörigen. Herr Dr. H. blieb unabänderlich bei 
seinem ersten Ausspruch: absolute Hoffnungslosigkeit und nahe bevorstehende 
Auflösung der Kranlen. An der enormen Ausschwitzung war nicht zu zweifeln, 
da dieselbe durch Beklopfen leicht nachzuweisen war; dagegen hegte ich Zweifel 
an vorhandener Tuberkulose, wenngleich der Auswurf Eiter zu enthalten 
schien, welcher jedoch nur gewöhnlichen Schleimgeruch entwickelte. 
Die folgenden Erwägungen bestimmten mich, die Hoffnung auf Rettung 
der Kranken nicht aufzugeben. Ein heftig und langwierig auftretendes Typhus 
fieber ist ja eben so schlimm als die vorliegende Krankheit, und doch sterben 
verhältnißmäßig wenig Typhuskranke, wenn sie von Anfang an mit Wasser 
behandelt werden. Ebenso kann auch dieses heftige und anhaltende Fieber zur 
Genesung führen. Da das Fieber bei Typhuskranken selten über 6 Wochen 
dauert, so wird auch dieses ähnliche Fieber kaum von längerer Dauer sein. 
Jedenfalls muß sich in etwa der 4. Woche die Entscheidung Herausstellen. 
Die Namenstaufe der Krankheit (Diagnose) giebt uns keine maßgebende Richt 
schnur für die Behandlung, sondern allein das Verhältnis der Lebenskraft zur 
Menge und Eigentümlichkeit des vorhandenen Krankheitsstoffes. Ist erstere 
bei naturgemäßer Unterstützung mächtiger als letzterer, so siegen wir. Wer 
aber kann das abmessen? Hierüber giebts absolut kein Meßinstrument. Thun 
wir das unsrige und bestmögliche, dann gelingt es vielleicht und hoffentlich der 
Natur, über die Stoffwechselrüüstände Herr zu werden. So machte ich in 
einem ähnlichen Falle, bei einer 48jährigen Dame, eine günstige Erfahrung. 
Dieselbe war seinerzeit vom Universitäts - Professor H. medicinisch behandelt 
und unbedingt aufgegeben worden, hatte sich aber die Freiheit genommen, bei 
nachfolgend hydrophatischer Behandlung länger zu leben, als von ihm erlaubt 
worden war, nämlich noch 18 Jahre, statt weniger Tage, welche Keckheit ihr 
von der medicinischen Fakultät in Graz sehr übel vermerkt wurde. 
Um Frau Haßfurter länger persönlich beobachten zu können, blieb ich 
noch 3 Tage bei ihr, änderte aber nichts Wesentliches an meiner ersten brief
	        
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