Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

120 
wir also, nachdem das Reich unter der glorreichen Führung genialer Männer 
neu erstand, nachdem deutsche Kunst und Wissenschaft neue Blüten treiben, daß 
auch deutscher Brauch und deutsche, markige Schlichtheit die Erziehung des 
kommenden Geschlechtes durchdringe. In ihr allein ruhen die Wurzeln 
dauernder Kraft und Größe. Deß sei eingedenk, deutsche Mutter! 
Herzog Adolf von Nassau, 
welcher anläßlich seiner Thronbesteigung in Luxemburg von.. Dr. Schindler in Gräfenberg-Gr. 
Knnzendorf beglückwünscht wurde, sandte seinem „lieben Äskulaps, wie er Dr. Schindler 
in allen Briefen nennt, sofort folgende Drahtantwort: „Meinem alten Freunde sage ich 
herzlichen Dank. Daß ich hier bin, verdanke ich Gräfenberg; sonst läge ich vielleicht schon 
längst unter der Erde. Das vergesse ich nie! Adolf." Man sieht darin meine Ansicht in 
Nr^ 5, daß die Medizin oft die Weltgeschichte mache, bestätigt. — Der Herzog kam Var 
35 Jahren in sehr bedenklichem Gesundheitszustände zu Dr. Schindler nach Gräfenberg. Er 
machte die Kur in gewissenhafter Weise, sägte behufs Erwärmung auch noch fleißig Holz. 
Seit jener Zeit ist er alle 4—5 Jahre auf etliche Wochen nach dem herrlichen Orte gekommen 
und hat doch oben im Quellengebüte die beiden „Nassauer Wege" anlegen lassen, welche in 
entzückender Hochwal: sidylle liegen und viele Mühe gekostet haben. Auch sonst hat Herzog 
Adolf für den Ort viel gethan. Ihm zu Ehren wurde die „Adolf-Höhe" und „Nassauer quelle" 
errichtet. Der Herzog ist jetzt 72 Jahre alt, aber noch ein leidenschaftlicher Bergsteiger. 
Vor 3 Jahren begegnete ich ihm jeden Morgen um 5 Uhr hoch oben zwisa en der Prießnitz- 
und Vinzenz-Quelle; stets wechselte er einige freundliche Worte. Seiner Gemahlin hat 
Gräfenberg in einem schweren Falle ebenfalls die besten Dienste geleistet. Der Herzog lebt 
auch daheim nach unseren Grundsätzen und wußte auch seinen hohen Verwandten, den 
König Carol von Rumänien, für's Wasstr zu gewinnen. Der König gründete schon vor 
10 Jahren in Sinaja eine prachtvolle Wasserheilanstalt, in welcher er einen Schindler'schen 
Badediener mit königlichem Gehalte als Bademeister Anstellte, besuchte voriges Jahr selbst 
Gräfenberg und kommt dies Jahr abermals dahin, da ihm die Kur nach seinen Aussagen 
gut bekommen ist. Erbprinz Wilhelm von Nassau besuchte Gräfenberg im Jahre 1887 und 
gebrauchte die Kur mehrere Wochen. Mein lieber Freund Max Heinzel, der Altmeister der 
schles. Dialektdichtung, und ich besuchten mit ihm das Goldbergwerk an der Goldkoppe 
unterem Gräfenberge. Der Prinz ist derselbe einfache, leutselige und wasserfreundliche Mann 
wie sein Vater. Nur wenig gekrönte Häupter dürfen wir bis jetzt zu den Unsrigen zählen. Wie 
bald aber wird auch das neue Gesundheits-Evangelium an die europäischen Fürstenhöfe 
dringen. Dann werden die „priviligierten Hofapotheken" aufhören; dann werden viele das 
Wasser anwenden, denen es jetzt nur als pöbelhaftes Getränk gilt; dann werden auch viele 
zu uns halten, die jetzt hinter dem Busche nicht hervor wollen, da es zu geschäfts- und 
lebensgefährlich ist, mit den „Wassernarren" zu verkehren. 
Philo vom Walde. 
Aus den Nalurheilanstalten. 
Krankenbericht aus der Stiftung „von Zimmermann'sche Naturheilanstalt" bei Chemnitz. 
Die Krankenbewegnng gestaltete sich während der Monate März und April folgen 
dermaßen: 
Bei einem Bestände von 25 Kurgästen am 28. Februar gingen im Monat März 29, 
im Aprrl 31, zusammen 60 K anke zu. Dies ergiebt für die beiden Monate eine Kranken 
zahl von 85 Personen, von denen im März 18, im April 37, im Ganzen 55 in Abgang 
kommen, während am 31. März 36, am 30. April 28 im Bestände verblieben. Der durchs 
schnittliche Krankenstand betrug demnach für den März 39, für den April 33, für beide 
Monate also 36. 
Davon wurden geheilt entlassen 25, gebessert 10, ohne Erfolg 2, die übrigen blieben 
noch in Behandlung. Erwähnenswert sind nachstehende beide Fälle: 
I. Ein etwa 40jähriger, seit Jahr und Tag angeblich magenkranker Mann von schwer 
leidendem Aussehen, sucht anfangs März Ausnahme in der Anstalt, weil ihm die weitere 
Ausübung seines Berufes durch sein Leiden zur Unmöglichkeit gemacht wird. Seine 
Klagen erstrecken sich zur Zeit der Untersuchung hauptsächlich auf die sichtliche Abnahme 
seines Körpergewichts, welche mit einem raschen Kräslevcrfall einhergeht, sowie auf die Un 
möglichkeit gehöriger Nahrungsaufnahme, weil einige Zeit nach dem Genuß auch der 
Leichtesten Speisen fast unerträgliche Schmerzen sich einstellen. Von schwächlicher Konstitution,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.