Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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gleich ich persönlich es nock nie unangenehm empfunden habe, wenn mir die 
Sonne auf den Kops brennt. Nur die unmittelbare Nähe sonnenbeschienener 
Wände kann unter Umständen (bei völliger Windstille) lästig werden. Tritt 
während des Sonnenbades Schweißausbruch ein, so geht man noch einmal 
auf kurze Zeit ins Wasser. Schwächliche und wenig abgehärtete Per 
sonen mögen das Luft- und Sonnenbad anfänglich nur bei ganz windstillem 
Wetter an das Wasserbad anschließen; nach wenigen Wochen aber schon wird 
jeder soweit abgehärtet sein, daß er sich nur bei regnerischem oder sehr stür 
mischem Wetter nach dem Frottieren sofort ankleidet und die Wieder 
erwärmung durch einen lebhaften Spaziergang in nicht zu festgeschlossener 
Kleidung unterstützt. Es ist durchaus unzweckmäßig, sich nach dem Abtrocknen 
das Badelacken überzuhängen und so noch längere Zeit zu stehen. Gerade 
dabei sind Erkältungen leicht möglich, weil das Tuch feucht ist und daher den 
Körper kühlt, statt die Wiedererwärmung zu befördern; außerdem wird durch 
das Laken die Ausdünstung behindert und der wohlthätige Einfluß von Luft 
und Sonne unmöglich gemacht. — Die Bewohner größerer Städte stich 
davor zu warnen, für den Heimweg die Pferdebahn zu benützen, falls sie 
durch das Lu>t- und Sonnenbad nicht vollständig warm geworden sind, wie 
überhaupt als eine Hauptsache festzuhalten ist, sich nach dem Bade nie still 
hinzusetzen, sondern für rasche Erwärmung zu sorgen. 
o. Man bade nicht völlig nüchtern, aber auch nicht mit vollem 
Magen. Wie oben erwähnt, geht der Stoffwechsel infolge des Badens leb 
haft vor fick; der leere Magen und Darm bieten den nötigen Ersatz nicht. 
Ein Semmelchen, ein Schnittchen Brot, ein Glas Milch vor dem Bade zu 
genießen, ist daher stets von Vorteil. — Bei vollem Magen wird der Blut 
strom nach den Verdauungswerkzeugen gelenkt; dort liegt ihm für die nächsten 
2 bis 3 Stunden eine Hauptaufgabe ob; es ist daher schon deshalb nicht 
empfehlenswert, ihn nach der Haut abzulenken. Außerdem kaun beim Hinein 
springen ins Wasser durch die plötzliche Ueberschwemmnng des Köiperinnern 
mit Blut eine Ucberfüllung und dadurch Zerreißung der Gesäße der blut-ber- 
füllten Verdauungswerkzeuge herbeigeführt werden. In jedem Falle giebt sich 
das Unzweckmäßige des Badens mit vollem Magen durch ein höchst lästiges 
Gefühl kund. 
f. Man bade nicht zu lange. 10—15 Minuten sind völlig hin 
reichend, um sich alle Vorteile des Badens zu sichern. Wer sich nach dem 
Bade schwer erwärmen kann (schwächliche, nervöse Personen, jüngere Kinder, 
ältere Leute), begnüge sich mit 3—5 Minuten. Jedenfalls ist die Wir 
kung eines auf das Wasserbad folgenden Sonnenbades weit höher 
anzuschlagen, als das Wasserbad selbst. Völlig gesunde, kräftige Per 
sonen mögen so lange baden, als es ihnen behaglich ist; sie dehnen aber 
das Bad zu lange aus, wenn nach demselben die Wiederwärmnng nicht so 
fort eintritt. 
Das Badepersonal müßte angewiesen sein, Kinder unter keinen Umstän 
den länger als angegeben im Bade zu dulden, und wenn Geschäftsrücksichten 
das nicht zulassen, müffen Lehrer und Eltern die Kinder recht oft an das- 
Schädliche des langen Verweilens im Wasser, des Umhcispielens im nassen 
Badezeuge aufmerksam machen. Wäre ich Besitzer einer Badeanstalt, so würde 
ich an den Wänden derselben in großen Buchstaben und kur er bündiger Form. 
die einfachsten Baderegeln anbringen lassen, etwa nach folgendem Muster: 
Langsam zum Badeplatze gehen! 5 Minuten angekleidet warten! Rasch aus 
kleiden und ins Wasser springen! Nur 10 Minuten baden! Nach dem Ab 
trocknen den Körper reiben! Längere Zeit in den Sonnenschein treten und
	        
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