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blaue Lippen und blau gefärbte Wangen. Stuhlgang und Urin gingen unwill
kürlich in's Bett, ohne daß Patient davon etwas fühlte. Man erwartete stündlich
den Tod des Kranken.
Um das viele Blut, welches die blaue Färbung der Lippen und Wangen
und auch die Bewußtlosigkeit verursachte, vom Kopfe abzuleiten, ließ ich sofort
Wadenbinden anlegen. Cs wurde einfach um jeden Unterschenkel ein Handtuch
umgelegt. Der dritte Theil desselben wurde vorher in kaltes Wasser getaucht, gut
ausgerungen und dann direkt auf die Haut des Unterschenkels gebracht. Die Waden
binden ließ ich U/2—2 Stunden liegen, bis sich dieselben recht erwärmt hatten.
Drei Tage wurde so die Behandlung fortgesetzt. Der Knabe war dann wieder
vollständig bei Bewußtsein und ist auch jetzt wieder vollständig hergestellt. Nach
Winternitz bringen diese Cinwickelungen der Unterschenkel eine so energische ableitende
Wirkung zu Stande, daß die Temperatur eines in das Ohr gelegten Thermometers
schon nach 20 Minuten um 0,4 0 sinkt. Wenn die Wadenbinden V/ 2 Stunden
gelegen haben, erreicht das Thermometer wieder seinen früheren Stand, die Wadenbinden
müssen darum nach dieser Zeit wieder gewechselt werden. Die Blutgefäße der Unter
schenket werden dadurch bedeutend erweitert. Wie wir früher gesehen haben, bewirkt
die anhaltende Kälte (bei der Anwendung der Eisblase) statt, wie man allgemein
glaubt, eine Verengerung, gerade das Gegentheil, eine Erweiterung der Blutgefäße.
Deshalb wirken, man sollte es kaum glauben, kalte, fließende Fußbäder und außer
dem das Barfußlaufen gerade so, wie die Wadenbinden durch Erweiterung der
Blutgefäße der Unterschenkel durch Ableitung des Blutes aus dem Gehirn. Bei
den kalten fließenden Fußbädern und beim Barfußlaufen wird, wenn diese Pro
zeduren längere Zeit dauern, die Bluttemperatur im äußeren Gehörgang nach
meinen Erfahrungen sogar um 0,8—1° heruntergesetzt.
Es sind dieses darum ganz energische ableitende Methoden und dieselben
finden darum gewiß gute Anwendung bei allen Llutansammlungen in den ver
schiedenen Organen, im Kopf bei Kopfschmerzen und Schwindel, in den Lungen
bei Lungen- und Herzfehlern mit folgenden Beengungen, bei Blutanhäufungen in
der Leber und der Milz, bei Hämorrhoiden, bei kalten Fußen in Folge von
mangelnder Blutzirkulation rc. rc. Wir haben da noch ein großes Feld zu allen
möglichen Untersuchungen und Beobachtungen. —
Acker TgphNJikehan-luug.
V.
— Dir giftige Wirkung
Fiebermittel.
der sogenannten
Anschließend an den oben beschriebenen Typhusfall erlaube ich mir heute auf
die Thyphusbehandlung näher einzugehen. ^ Ich halte es für sehr wichtig, daß
beim Typhus nicht Bäder allein, sondern immer ganze Einpackungen mit folgenden
Halbbädern gegeben werden sollen. Durch die Wickel wird die Haut für die Bäder
vorbereitet, die Blutgefäße werden erweitert und die Wärmeabgabe findet dann im
Lade reichlicher statt. Wird dabei im Halbbade die Erweiterung der Blutgefäße
durch gutes Frottiren noch' weiter unterstützt, so wirkt das Bad sehr energisch, der
Kranke braucht dann nicht so lange im Bad und die Temperatur auch nicht so niedrig