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schwunden und das einzige Söhnchen des IÄbrikdirektors war zur großen <freude
seiner Litern nach 3 Tagen wieder vollständig hergestellt. Durch das ableitende
Verfahren konnte die beginnende Gehirnentzündung noch rechtzeitig in der Ent
wicklung verhindert werden.
In Betreff meiner Verordnung der kalten Aufschläge auf den Kopf und die
Schlagadern des Halses, wodurch bei dem Kinde eine Zusammenziehung der Blut
gefäße und eine verminderte Zufuhr von Blut nach dem Gehirn hervorgerufen
werden sollte, möchte ich noch erwähnen, daß auch Professor Winternitz gegen die
Anwendung von Eisblasen sich ausspricht. Durch die zu große Kälte des Eises
tritt nämlich gerade das Gegentheil von dem ein, was man bezwecken will, statt
eine Verengerung, welche durch die kalten Umschläge entsteht, wird durch das Eis
eine Erweiterung der Blutgefäße, also vermehrter Blutzufluß nach dem Gehirn,
bewirkt. Legt man einem Kaninchen ein Stückchen Eis auf das E>hr, so wird dieses
zuerst blaß (Verengerung der Blutgefäße), dann aber schon nach wenigen Minuten
intensiv geröthet, ja blauroth (Erweiterung der Blutgefäße). So kommt durch
das Eis, statt, wie viele glauben, weniger, immer mehr Blut nach der betr. Stelle.
Cs kommt schließlich nach längerer Einwirkung von Eis durch Blutüberfüllung
kalter Brand, Gangrän, Zugrundegehen des betr. E>hres zu Stande. Durch die
Eisblasen wird darum von den Aerzten gerade das Gegentheil erreicht von dem,
was man zu erreichen glaubt, statt einer Verengerung der Blutgefäße eine Er
weiterung derselben, also Blutüberfüllung. Die Wirkung der Eisblase ist also
gleichbedeutend mit künstlicher Verschlimmerung der betr. Krankheit, mit Blutüber-
füllung, Gangrän, Tod, des betr. Körpertheils.
(Schluß folgt.)
Impfschutz und Sanitiitspflege.
von Alfred Litt von Lilienbach.
Die Verfechter der Impflehre gründen ihren Glauben an die Wirksamkeit der
Schutzpocken-Impfung hauptsächlich auf die einer näheren Prüfung freilich nicht
unterzogene Behauptung, daß in England vor dem Jahre 1800 auf I Million
Einwohner 3000 an den Pocken starben, von da an aber, also seit Einführung
der Ienner'schen Impfmethode, eine rasche Abnahme der pockensterbefälle konstatirt
werden könnte. — Wie unsicher die Grundlage ist, auf welcher diese Beweisführung
ruht, geht u. A. aus der Vergleichung mit der in Indien vor und nach Ein
führung der Impfzwanggesetze herrschenden Pockensterblichkeit hervor. Wir entnehmen
dem von der britischen Regierung eben jetzt herausgegebenen, mit seltener Unpartei
lichkeit abgefaßten Blaubuche, welches den „Bericht über die Sanitätsmaßregeln in
Indien in den Jahren 1884—1885" enthält, daß in Oritisch-Judieu das Ver
hältniß der pockensterbefälle (auf 1 Million Einwohner bezogen) in den 8 Jahren
von 1877—1884 folgendes war: 1010, 1690, 1040, 370, 390, 420, 1171, 1680.
Die Durchschnittszahl beträgt 970. Diese aus amtlichen Registern entnommenen
Zahlen lassen die Unwahrscheinlichkeit jener 5000 pockensterbefälle auf 1 Million
Einwohner in England im grellen Lichte erscheinen, umsomehr, wenn wir bedenken»