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Genuß des Alkohols gewöhnen, seinen zarten Organismus vergiften und sein
Nervensystem allmälig schwächen. Aber bei dieser Sünde bleibt es nicht
ullein, es gesellen sich noch andere gegen die kindliche Gesundheit hinzu. Der
kleine Magen wird mit stark gewürzten Speisen, mit fetter Wurst, Braten, Aase,
Chokolade, Hefengebäck, Näschereien aller Art u. s. w. überladen, geschwächt,
Lind mit ihm der ganze Verdauungsapparat zu einer naturgemäßen verdauungs-
khätigkeit unfähig gemacht, der Lrnährungsprozeß gestört und daher der Grund
zu einer ungenügenden Rräftigung des Nervensystems gelegt, wie nun eine
große Menge Rinder geradehin durch Uebernährung geschwächt und krank ge
macht wird, so wird dasselbe Uebel durch mangelhafte und schlechte Ernährung
bei den Rindern der Armen hervorgerufen, und die Zahl solcher Rinder ist
nicht gering, die nicht einmal so viel Nahrung erhalten, daß sie ihren Hunger
stillen, d. h. die zum Gedeihen ihres Rörpers unbedingt nothwendige Speise
.erlangen können. Sie bleiben im Wachsthum zurück, werden schwächlich
und zu nachhaltiger Arbeit untauglich. Das Elend eines großen Theiles
der Menschheit trägt viel zur^ Förderung der Nervenschwäche bei. Man
sündigt ferner gegen die normale Entwickelung des Rindes durch die fehler
hafte Rleidung desselben, indem man durch zu dichte Einhüllung seines Rörpers
die Haut zu sehr empfindlich gegen die fortwährenden Temperaturverände
rungen in der Natur macht. Derjenige Theil des gesummten Nervensystems,
welcher dadurch überempfindlich und geschwächt wird, ist daher der peripherische,
besonders die Haut. Auf solche weise wird der Leib des Rindes zu Er
kältungen, mithin zu Rrankheiten aller Art geneigt, viel zu wenig wird auch
<mf die die Gesundheit beeinflussenden Eigenschaften der Räumlichkeiten Rück
sicht genommen, in welchen die Rinder einen großen Theil ihres Lebens zuzu
bringen gezwungen sind. Dies gilt besonders von wohn- und Schlafräumen.
Theils sind dieselben zu eng und zu niedrig, theils zu dunkel und düster ge
legen, theils zu feucht und dumpfig, so daß in keinem Raume der kindliche
"Leib nach jeder Richtung hin gedeihen kann. Oft schlafen die Rinder viel zu
dicht und zusammengedrängt und in einer Atmosphäre, welche dem soeben aus
dem Freien Eintretenden fast den Athem nimmt. Es fehlt also hier an dem
fortwährenden Zutritt frischer Luft, einem der wichtigsten blutbildenden Mittel,
die Blutbildung geht sonach mangelhaft vor sich, die Ernährung des kindlichen
Organismus, mithin auch seines Nervensystems wird gestört und auf diese
Weise ein neurasthenischer Zustand desselben Schritt vor Schritt herbeigeführt.
Ein weiterer Faktor zur Förderung der allgemeinen Nervenschwäche muß in
dem Umstande gesucht werden, daß die Rinder armer, unbemittelter Eltern
schon frühzeitig zu körperlichen Anstrengungen veranlaßt werden, deren Größe
zu der körperlichen Rraft der Rleinen in einem ganz ungünstigen Verhältnisse
steht, wie auch zu der Zeit, welche denselben zur völligen Rräftigung und Er
holung gegönnt ist. Das Heben und Tragen zu schwerer Lasten, große und
Langdauernde Märsche, nur wenige Stunden der Nachtruhe, das sind Alles
Veranlassungen zur Entstehung einer Nervenschwäche von solcher Hartnäckig
keit, daß an eine spätere vollständige Hebung schwerlich, höchstens an die Mög
lichkeit einer Besserung dieses Zustandes gedacht werden darf. Eine über
mäßige Reizung des Nervensystems wird aber nicht blos durch körperliche An-