Volltext: Der Naturarzt 1887 (1887)

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dieser Zustand, mit dem stets Lieber einhergeht, währt, sind fast nur milde oder 
kühle und sehr vorsichtige, stückweise Abwaschungen durchzuführen, darauf leichtes 
Abtupfen mit dem Handtuchs und Nachdünsten unter der leichten Decke; Bäder, 
Packungen rc. sind unmöglich. Doch wird dieses Verfahren in Verbindung mit sehr 
magerer Kost (selbst keine Milch, keine warmen Suppen, besonders kein Fleisch 
oder Mein!), vielem Trinken von frischem Wasser und stetigem Zutritt von frischer 
Lust den Zustand bald so weit bessern, daß das Lieber sich verliert, vorsichtige 
Abreibungen und erst theilweise, später umfangreichere oder ganze Wickelungen 
im feuchten Tuche, event, auch Dampfbäder, möglich werden. Ts muß also, so 
lange wie Hitze (mehr als 37° 0.) vorhanden ist, ein mehr kühlendes, später und 
allmählich ein mehr erregendes Verfahren eingehalten werden, immer aber in Ver 
bindung mit magerer Kost, sterbet werden sich nie Herzfehler und Wassersucht als 
Folgekrankheiten einstellen, wie dies so oft nach Behandlung mit Salycil der stall ist. 
Chronischer Rheumatismus, welcher durch Vernachlässigung des frischen 
entsteht oder nach medizinischer Behandlung oder auch nach zu frühzeitigem Ab- 
brechen der naturgemäßen Kur vom akuten Rheumatismus zurückbleibt, wird im 
Wesentlichen ebenso behandelt, wie die letzten (Heilungs-) Stadien des akuten, d. h. 
erregend. Die Kur, welche bei kräftigen Personen hauptsächlich in oft wiederholter 
Ächrveißerzeugnng besteht, muß bei schwächeren Individuen auf eine längere 
Zeit hindurch fortgesetzte bloße Anregung der Hautthätigkeit beschränkt werden, 
immer natürlich neben frischer Luft und Vermeidung einer üppigen, innerlich er 
regenden Diät. Außerdem ist hier die Massage der betroffenen Theile ein her 
vorragendes Mittel zur Heilung. Ist dieselbe auch anfangs schmerzhaft, so wird 
dies doch mit jedem Male geringer und die Fortschritte zur Genesung sind rapid. 
Die Gicht ist eigentlich ein chronischer Gelenkrheumatismus in höherer Potenz, 
bei welchem die erfolgten Ablagerungen sich gewöhnlich durch Geschwülste und 
Auftreibungen meist in den Gelenkknorpeln, oft aber auch im Muskelgewebe und 
den Knochen, in Verbildungen der verschiedensten Art an Händen und Füßen, 
theils mit, theils ohne Schmerzen kundgeben und mindestens die Beweglichkeit der 
Gelenke beeinträchtigen, oft aber gänzlich aufheben, wenn nicht gar den Gebrauch 
der betroffenen Glieder überhaupt unmöglich machen. 
Tine eigenthümliche Trscheinung bei der Gicht, wie in manchen Fällen des 
chronischen Rheumatismus und anderer chronischer Krankheiten ist die, daß eine 
stark erregende Kur (ganze oder theilweise Dampf- oder Schwitzbäder und Packungen) 
nach einiger Zeit die Schmerzen so bedeutend steigert und fast ohne Unterbrechung 
dauern läßt, daß der Patient die Kur zur Hölle wünscht und seinen Rathgeber 
zum Kuckuck jagt. Ts ist deshalb, wenn dieses vielleicht auch nicht in jedem Falle 
zutrifft, jedenfalls sicherer, obwohl sehr langwierig, nur mild erregende Kurmittel 
zu gebrauchen (milde Dampfbäder, 1 — 2 ständige Packungen, aber keine lokalen 
Nachtpackungen!) und das hier geradezu königliche Mittel: die Massage und 
passive GetenKggmuastiK, konsequent und energisch anzuwenden. Ts giebt 
gewiß sehr viele veraltete Fälle von Gicht, bei denen an eine Heilung gar nicht 
zu denken ist; aber weniger hartnäckige Fälle werden bei Ausdauer entweder ganz
	        
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