Volltext: Der Naturarzt 1887 (1887)

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vollständig geheilt worden ist, wollen wir mit der Bekanntgabe dieser Thatsache 
nicht länger zögern, um nicht nur den Beweis zu führen, daß diese Krankheit, 
entgegen der bisher herrschenden Anschauung, wirklich heilbar ist, als auch allen 
denen, welche davon betroffen werden sollten, den Weg zur Heilung zu zeigen. 
Unter Genickstarre — Meningitis cerebrospinalis epidemica — ver 
steht man eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkhäute, welche hin und wieder 
in kleinen Epidemien auftritt, ohne daß man bis jetzt eine eigentliche Ansteckung 
nachweisen könnte. Die Krankheit beginnt plötzlich, tritt mit heftigen Kopf- und 
Rückenschmerzen, verbunden mit vollständiger Steifheit des Backens, auf, ist be 
gleitet von hohem Lieber ohne bestimmten Charakter und zeigt bei seinem raschen 
Eintritt schwere Gehirnsymtome. Der Kranke delirirt fast ununterbrochen, Apetit 
und Verdauung liegen fast vollständig darnieder, die Zunge ist trocken und belegt, 
die Lippen sind heiß und aufgesprungen. Die Pupillen jfinö bald klein, bald 
größer und der Kranke ist fast ununterbrochen von Schlafsucht befallen. 
Der dreizehnjährige Sohn eines hiesigen Hausbesitzers klagte plötzlich am 
Wittag des 22. April cr., nachdem derselbe noch Vormittags die Schule besucht 
hatte, über heftige Kopfschmerzen, namentlich im Hinterkopf, über Racken- und 
Rückenschmerzen. 
Die Eltern ließen sofort den Dr. med. L. holen, welcher die Diagnose auf 
Genickstarre stellte und mit Ealomel und Säuren gegen die Krankheit vorging. 
AIs nach zweitägiger allopathischer Behandlung sich der Zustand des Patienten 
verschlimmerte, baten die Eltern den Herrn Sanitätsrath Dr. Meyner, die Behand 
lung ihres Sohnes zu übernehmen, welcher nun die Güte hatte, Schreiber dieses 
zur Behandlung des Patienten hinzuzuziehen. Der Befund des Kranken beim 
ersten Besuche war: 
Lieber über 41" am Abend, sehr heftiger Kopfschmerz, namentlich im Hinter 
kopf, Delirien, Bewußtlosigkeit, Schlafsucht, öfteres Erbrechen, abnorme Verengerung 
der Pupillen, Lähmung der Augenlider, Nacken- und Rückenschmerz, Spannung 
und Steifigkeit der Nackenmuskeln, Krämpfe an verschiedenen Muskelgruppen, 
speziell der Kaumuskeln, Spannung und Krämpfe der Bauch- und Lendenmuskeln, 
Steifigkeit und Druckempfindlichkeit der ganzen Wirbelsäule, Zittern der Arme und 
Leine und sehr große Unruhe. 
Es ist richtig, daß wir die Behandlung einer Krankheit, welche bisher unter 
Aerzten und Laien als unheilbar galt, nicht etwa mit leichtem Herzen übernahmen, 
doch es galt zu zeigen, daß das Naturheilverfahren hier wie in tausend andern 
Fällen doch noch zum Siege führt, auch wenn andere Heilmethoden ihre Macht 
losigkeit bereits zugestanden haben. 
Die Behandlung war die ersten 9—10 Tage Morgens ein Bad von 26 °R. nebst 
kälteren Uebergießungen des Nackens und Rückens unter beständigem kräftigen 
Frottiren, darauf eine Dreiviertelpackung nebst kühlenden Kompressen auf dem Kopf 
und Nacken, welche nach Bedarf gewechselt wurden. Nach zweistündiger Packung 
wurde Patient mit kühlem Wasser abgerieben und bekam nun Wadenpackung, 
Leib-, Hals- und Kopfumschläge, welche wieder nach Bedarf gewechselt wurden. 
Da das Fieber des Abends meist 40° und darüber betrug, bekam Patient auch
	        
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