Volltext: Der Naturarzt 1886 (1886)

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es wichtig darauf aufmerksam zu machen, daß es ebenso thöricht ist, einen 
Ohnmächtigen, der auf der Diele liegt, auf einen Stuhl zu heben, als es ge 
fährlich ist. einem solchen Kranken ein Riechfläschchen, welches Salmiakgeist 
enthält, b e st ä n d i g unter die Nase zu halten: durch den verdampfenden Sal 
miakgeist. welcher von dem Ohnmächtigen unausgesetzt eingeatmet wurde, ver 
dürbe man ihm die ihm durchaus notwendige Atmungsluft und schadete so 
dort, wo man zu nützen wünschte, man soll also die streng duftenden Stoffe 
nur auf Augenblicke der Aase des Wiederzubelebenden nähern und sie, 
sobald der Kranke einen Atemzug gemacht hat, sofort wieder für einige Zeit 
aus der Nähe von Mund und Nase entfernen. Die schwersten Ohnmachten 
kommen im Verlaufe einzelner Krankheiten, wie z. B. von Nervenleiden (Hirn- 
und Rückenmarkskrankheiten. Schlagflüsfen, Starrkrämpfen), Herzleiden rc. vor, 
diese können sowohl in den Scheintod, als auch in den wirklichen Tod über 
gehen. Die Behandlung dieser Formen des Scheintotes schließt sich folgerecht 
an das soeben genauer Besprochene an, nur habe ich hinzuzufügen, daß den 
entsprechenden Ursachen jedesmal auch möglichst Rechnung getragen werden 
muß. Beim Starrkrämpfe, welcher die tiefe Ohnmacht herbeiführte, ist ein 
lauwarmes Bad oft das Beste, während stark erregende Mittel, wie Riech 
stoffe rc. hier oft den Zustand verschlimmern. 
Und Geheimrat Professor Dr. von Nutzbaum sagt in seinem Artikel in 
Nr. 19 der „Gartenlaube" vom vor. Jahre bet. „Hilfe bei Ohnmachten" 
am Schluffe: Als besonders wertvoll und auch für den Laien anwendbar, 
wiederhole ich also: das Wirksamste bei einer Ohnmacht ist und bleibt: die 
tiefe Lagerung des Kopfes, das Hochhalten der Füße, die künstliche 
Respiration und Reizung des Herzens durch rhythmisches Zusammenpressen 
des Brustkorbes. Stehen noch weitre Kräfte zu Gebote, so kann man Hand- 
und Fußteller bürsten, das Gesicht mit naßkalten Tüchern schlagen, den Stamm 
mit trocknen heißen Tüchern wärmen, die Fenster öffnen und mit dem Fächer 
Luft zutreiben lassen. Kehrt das Bewußtsein zurück, so passen Riech- und 
Restaurationsmittel. Sind Blutungen dabei im Spiele, so soll vor Allem die 
Quelle derselben gesucht und solide verstopft werden. Diesem Wenigen möchte 
ich eine einzige Bemerkung beifügen, welche freilich für die Ärzte besser paßt. 
als für die Laien, nämlich: daß jene gefährlichen Ohnmachten, die manchmal 
während Chloroform-Narkosen entstehen, zwar die ganz gleiche Behand 
lung erheischen, nur soll der Ohnmächtige sofort in ein andres Zimmer gebracht 
werden, wo die umgebende Luft gar keine Chloroform - Dämpfe enthält, 
denn die erwünschte Ausscheidung des Chloroforms aus dem Körper beginnt 
um so rascher und ergiebiger, je chloroformfreier die umgebende Atmosphäre ist. 
Dr. Nuß bäum führt noch an, daß der französische Chirurg Nelaton 
ohnmächtige Kranke vollständig stürzen ließ, so daß die Füße den höchsten, der 
Kopf den niedrigsten Punkt bildete, man nenne dies heute noch „nelatonisiren" 
und es gebe wohl nichts. was bei Ohnmachten rascher helfe. Das Gefäß 
system im Körper gleiche nämlich einem Röhrennetze, dessen Inhalt das belebende 
Blut ist und welches, sobald die pumpende und saugende Kraft des Herzens 
erlahmt, nur mehr dem Gesetze der Schwere unterliegt, und der tiefsten Stelle 
zufließt. Deshalb sei die erste Sorge der Umstehenden, an den Zentralnerven 
apparat im Gehirn möglichst rasch wieder belebendes Blut hinzuleiten. Man 
lege den Kopf recht tief und halte die Füße recht hoch, so daß das im Körper 
vorhandene Blut gemäß dem Gesetze der Schwere nach dem Kopfe hinunter 
gedrängt wird; legt man Ohnmächtige auf den Boden und hebt ihre beiden 
Füße in die Höhe, so tritt meist augenblicklich die erwünschte Wiederbelebung ein. 
■ ■ ■ = (Fortsetzung folgt.)
	        
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