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was zusammen paßt; da aber das Selbstdenken bekanntlich heutigen Tages
nicht jedermanns Sache, so wird für solche Küchenbeherrscherinnen eine besondere
Anleitung willkommen sein, die ihnen das Denken erspart. Vorliegendem Koch
büchlein sind noch einige belehrende Beigaben ans approbirter Hand hinzuge
fügt, die zwar streng genommen nicht hergehören, aber doch bei dieser Gelegen
heit gut angebracht sind. Saubere Ausstattung und billiger Preis tragen noch
zur Empfehlung bei, daher wünschen wir dem Schriftchen günstige Aufnahme.
Im Kap. „Ärzte und Heilanstalten" sollen die genannten wohl Vegetarier sein
und vegetarischen Tisch führen, was aber nach den mir gewordenen Mitteilungen
nicht bei allen der Fall ist; auch sind einige bereits gestorben und verzogen
und was thut denn der alte Professor Hyrtl unter diesen zum Teil obskuren
Persönlichkeiten, für deren Gesellschaft er sich wohl bedanken würde?
4. Siegert, W., d i e N a t u r h e i l k u n d e in ihren Anwendungsformen und
Wirkungen, nach den ärztlichen Grundsätzen von H. Canitz auf- Veranlassung des
deutschen Vereins für volksverständliche Gesundheitspflege und Naturheilkunde
bearbeitet mit 9 Abbild. 8. 90 S. Leipzig. Th. Griebens Verlag. Preis 1.20.
Der Inhalt des sauber ausgestatteten Schriftchens ist folgender:
1. Der Stoffwechsel, Aufgabe und Thätigkeit der Haut-Entstehung (?) der Krankheiten,
Fiebermessung, 2. Bäder und Abreibungen, 3. Packungen (Rumpf-, Bein-, Unterarm-,
Dreiviertel-, Ganzpackungen, Kompressen, 4. Dampfbäder (Hand-, Fuß-, Bett-) Kompressen,
5. Klystiere, 6. Massage und Heilgymnastik, 7. Lüftung, Tiefatmen; Schlußwort.
Wie man aus vorstehendem ersieht, leitet der Verf. sein belehrendes
Schriftchen über den physiatrischen Kurapparat mit einer Skizze des sog. Stoff
wechsels im menschlichen Körper ein und sagt dabei S. 3 wörtlich:
„Bisweilen häufen sich im Blute, in: ganzen Körper oder in einzelnen Teilen des
selben infolge verminderter Thätigkeit der Ansscheidungsorgane Übelstoffe an re, in solchem
Falle sucht der Organismus durch eine seine Kraft in hohem Maße in Anspruch nehmende
Thätigkeit, durch ein Fieber, die Ausscheidung der unnützen Stoffe aus dem Blute
zu ermöglichen, oder er schickt (?) in die besonders stark mit Fremdstoffen belegten Teile
mehr Blut als gewöhnlich, um die Einlagerungen aufzulösen und wegzuspülen; die be
treffenden Stellen schwellen hierbei infolge der vermehrten Blutzufuhr an, werden rot,
heiß, durch den vom angehäuften Blut auf die umgebenden Nerven ausgeübten Druck
schmerzhaft und es bilden sich Ausschwitzungen; wir haben es dann mit einer Entzün
dung zu thun; bei fieberhaften Krankheiten zeigt sich infolge verminderter Hautthätigkeit
eine beträchtliche Zunahme der Körperwärme „Hitze"; nicht selten treten Entzündung und
Fieber zugleich auf. Fieber und Entzündung sind demnach (?) H e i l v e r -
s u ch e unseres Körpers, welche er anstellt (?), um sich gewisser Übelstoffe zu entledigen,
eine Arbeit, welche oft seine Kraft so in Anspruch nimmt, daß alle Pulse klopfen und
das Blut förmlich durch die Adern jagt." —
Darauf muß ich nun abermals, wie seit mehr als 20 Jahren, entgegenhalten,
daß man dem menschlichen Körper keine solche bewußte Selbstthätigkeit
unterschieben darf, wenn man sich nicht die Hände binden will, denn dann
dürfte man ja bei Fieber und Entzündungen eigentlich garnichts thun und
müßte dem Organismus ruhig überlassen, das von ihm heraufbeschworene Donner
wetter so zu leiten, daß es keinen Schaden anrichten kann, was bekanntlich nicht
der Fall ist, indem an Fiebern und Entzündungen schon 1000 mal mehr
Menschenleben zu Grunde gegangen sind, als alle Kriege zusammen seit Kains
Totschlag vernichtet haben. Prof. Birchow war es, der 1862 schon in seinem
Vortrag über das „Fieber" ganz hübsch und überzeugend dargestellt hat, daß
dasselbe lediglich als eine durch irgend eine Schädlichkeit entstandene Schwächung
der Regulatoren des Stoffwechsels, also als ein P a s s i o n s- nicht Reaktions-
zustand anzusehen sei, wonach man also ganz anders am Krankenbett ver
fahren muß, nicht wie früher die vermeintliche übermäßige Arbeit des Or
ganismus ii i c b e r b x ü c! e n ö (Aderlaß rc.), sondern die geschwächte Nerven-