Volltext: Der Naturarzt 1886 (1886)

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„Die Pflanze ist ein Magazin von Sonneukraft, die sich in ihren 
Teilen während ihrer Entwickelung gesammelt hat und diese in den N ä h r - 
stoffen der Tiere und Menschen aufgespeicherte Kraft kommt im 
Tierleben wieder zur Äußerung und es sind ihre mannigfaltigen Wirkungen, 
welche alle Erscheinungen des tierischen Lebens in sich einschließen und bedingen. 
Wie es nun gekommen, daß der Mensch von dieser seiner paradiesischen 
also Normal-Ernährung im Laufe der Zeit abgesprungen ist, 
gehört nicht hierher, doch kann ich nicht umhin, aus dem Alten Testament 
Daniel Kap. 1, Vers 3—20 eine klassische Urkunde zu zitiren, nach welcher 
der Mensch zu Nebukadnezars Zeiten ca. 600 vor Christus nur von 
P f l a n z e n k o st und Wasser noch ganz prächtig leben und gedeihen konnte, 
so daß, wie dort zu lesen, die 4 Essäerknaben vom Könige nach 3 Jahren 
rein vegetarischer Lebensweise schöner und besser bei Leibe und 
viel klüger und gescheiter befunden wurden, als die übrigen Knaben, 
welche während dieser Zeit von seinem gemischten Tische aßen und von 
seinem Weine tranken, ja zehnmal klüger und verständiger, denn alle 
Sternsehcr und Weisen in feinem ganzen Reiche! 
Die von Voit angeführten organischen pflanzlichen und tierischen 
Substanzen bilden nächst Wasser. Luft und einigen Mineralien heutigen Tages 
das Ernähruugsmaterial vieler Millionen Menschen; es unterliegt nun aber 
gar keinem Zweifel. ist vielmehr ausgemachte Thatsache, daß diese tierischeu 
Substanzen lediglich ihren Ursprung den pflanzlichen verdanken, 
welche von Pflanzenfressern konsumirt worden sind, denen wir diese tierischen 
Substanzen entnehmen. Ob nun diese pflanzlichen Substanzen bei ihrer Ver 
wandlung in den tierischen Leib von den in ihnen aufbewahrten Spannkräften 
nicht einen guten Teil eingebüßt haben und aus diesem Grund 
schon die tierischen organischen Substanzen den pflanzlichen im Ernährungs 
werte n a ch st e h e n müssen — wäre meine erste Frage; die zweite — 
ob diese tierischen Substanzen in bezug auf ihre Reinheit und physiolo 
gische Wirkung auf den Menschenkörper dieselbe Sicherheit und Ge 
fahrlosigkeit gewähren, wie die uns von der Natur gebotenen pflanzlichen 
Substanzen? Und die dritte — ob nicht gerade durch den K o ch p r o z e ß 
auch eine gewisse Menge von Spannkräften verloren gehen? Im Jahr 
gang 1871 habe ich darüber ein langes und breites vorgebracht und erwähne 
hier nur kurz: bekannt ist, daß Raubtiere selten ihresgleichen verzehren, 
immer lieber Pflanzenfresser anfallen, weil ihr Fleisch immer noch besser 
und mehr Spannkräfte enthält, als jenes; in Nr. 8 und 9 habe ich unter 
„Vermischtes" bez. der Reinheit und Sicherheit der Fleischnahrung einige Vor 
fälle neuester Zeit beigebracht, die einem die Haut schaudern machen, und daß 
durch den Kochprozeß bestimmt Spannkräfte verloren gehen, dafür spricht 
das, was Prof. Saumei von seinem Zögling Kaspar Hauser erzählt, 
der bis zu seinem 4. Jahre nur mit Wasser und Brot aufgezogen 
wurde und dabei eine Thätigkeit des Geistes, ein Gedächtnis entwickelte und 
eine Schärfe seiner sämtlichen Sinne zeigte, die jedermann in Er 
st au n e n setzten; nachdem er aber einige Monate hindurch die gewöhnliche, 
gemischte Kost bekommen, die er nur nach und nach und mit Widerwillen 
nahm, so zeigte sich die bedauerlichste Änderung in bezug auf Geist und Ge 
müt, wie die Schürfe seiner Sinne; ja er stellte sich nur zu bald als ein 
ganz gewöhnliches Individuum dar! Also futsch gingen die 
Spannkräfte mit der gemischten gekochten K o st! Was lernen wir 
daraus? — Normalnahrung! —
	        
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