Volltext: Der Naturarzt 1885 (1885)

58 
praktischer Geschäftsmann nicht gewohnt bin, die Dinge vom „prinzipiellen" 
Standpunkt, sondern von dem des Erfolges aus anzusehen. Derselbe war 
hier geradezu verblüffend und ich habe es deshalb für meine Pflicht gehalten, 
die Thatsachen zu veröffentlichen. Ich bemerke, daß weder meine Frau noch 
die beiden Kinder den allermindesten Nachteil* durch die Behandlung mit 
Chlorwasser verspürt haben, dieser Umstand ist doch von der höchsten 
Wichtigkeit, das Chlorwasser schadet absolut nicht, wenn es nach vr. Dycs 
Vorschrift angewendet wird! Ferner aber ist cs sehr leicht anwendbar, die 
kleinsten Kinder können es nehmen, es schmeckt fast gar nicht, es riecht nur 
scharf, was beim Einnehmen auch nicht bemerkt wird; die Wasserkur ist dagegen 
im Volke noch so gut wie unbekannt und kann allgemein gegen Diphtherie 
nicht angewendet werden. Endlich aber bestreite ich, daß die Diphtherie sich 
aus dem Körper selbst heraus entwickelt, es sind von außen eindringende 
Feinde, die vernichtet werden müssen; ebenso wie man einen eingerissenen Splitter, 
wenn man cs kann, herauszieht und nicht auf Wasserkur oder auf 
Ausschwären wartet, ebenso kan» man auch die Pilze mit einem so ein 
fachen und unschädlichen Mittel wie Chlorwasser vernichten, ohne das 
„Prinzip" zu verletzen. — Es liegen hier eine Menge Fälle vor. daß Chlor- 
wasser angewendet, sofort die Krankheit zum stehen brachte, mindestens 40 Per 
sonen haben sich die Anweisung bei mir geholt, von mehren Fällen weiß ich. 
daß die Herren Hausärzte nicht davon benachrichtigt sind und daß diese natürlich 
glaubten, daß ihre Mittel die Heilung bewirkt haben; der Or. Nissen hatte das 
ja auch gedacht und schon in seinem homöopathischen Verein Vortrag darüber 
gehalten! Ich hielt es nicht in der Ordnung, ihn in seinem Glauben zu lassen 
und habe nun zwei Beleidigungsklagen von dem Herrn auf dem Halse und 
eine Menge Angriffe von prinzipiellen Verteidigern der Natur- resp. Wasser 
heilmethode. Ich mache mir daraus sehr wenig, die Person verschwindet ja 
total gegenüber der Klarstellung derSache und ich bin Herrn Grafen Zedtwitz 
für seine Erörterungen sehr dankbar. Da ich selbst z. Z. hier eine Natur- 
Wasserheilanstalt auf meine Kosten einrichte, so ist das wohl der beste Beweis, 
daß ich selber — trotzChlor Wasser — noch keineswegs ein Gegner der 
naturgemäßen Heilmethode bin. die zu allererst die U r s a ch e n der Krank 
heiten beseitigt, was in Bezug auf die Pilze das Chlorwasser besorgt. Ich 
erlaube mir noch ein Schreiben des Herrn Oberstabsarztes vr. Dy es anzufügen, 
welches mir derselbe vor kurzem zugehen ließ. 
Geehrter Herr Born! 
Hannover, 23. Febr. 1885. 
Die nur mikroskopisch erkennbaren P i l z k e i m e (Sporen, Bazillen), welche beim Atmen 
in die Mundhöhle und Rachenhöhle gelangen, erzeugen an der Schleimhaut der Mandeln und 
deren Nachbarschaft, beziehungsweise an der Schleimhaut der Nasenhöhle und des Kehlkopfs 
eine Entzündung, welche, wenn die an der Schleimhaut haftenden, giftigen Pilzkeime 
(Sporen, Bazillen, Miasmen) nicht schnell zerstört oder desinfizirt werden (durch Kognak, 
Rum, Chlorwasser), die Zerstörung (Nekrosis, Absterben) der entzündeten Schleimhautstelle zur 
Folge haben, gleichwie durch den Genuß heißer Speisen die Schleimhaut der Mundhöhle ver 
brannt und zerstört wird. Die durch Verbrennen der Mund- und Rachenhöhle entstehenden 
weißen Flecke der Schleimhaut haben dasselbe Aussehen, wie die durch giftige Schimmelpilze 
entstehenden. Verschluckt jemand scharfe Chemikalien (Schwefelsäure, Salzsäure, Alkalien rc.), 
so wird dadurch die Schleimhaut der Mund- und Rachenhöhle ebenfalls zerstört oder verbrannt, 
in einen nekrotischen Zustand versetzt. 
Die Zerstörung der Schleimhäute durch die giftigen Schimmelpilze (Sporen, Bazillen) ist 
aber gefährlicher, als die durch Hitze und scharfe Chemikalien, weil die Pilze fortge 
* Anmerkung der Red. Wie bei dem voll Dr. C. Munde bis zur Betäubung empfoh 
lenen „Alkohol" geschehen muß!
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.