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Langer, lebhafter Beifall begleitete diese Worte. Alle Welt drängte sich jetzt zu Dr. Jäger,
um ihn zu beschnopern und zu betasten. Dr. Jäger hatte keinerlei Geruch, aber dene ölet,
quod non ölet, zu deutsch : Gut riecht, w a s g a r n i ch t r i e ch t, — ähnlich wie das
geschmacklose Wasser am besten schmeckt. Die Muskeln der Waden und der Schenkel waren
s o st ein hart, daß man einen Floh hätte drauf breitquetschen können. Dr. Jäger, als er
genugsam beschnüffelt und tieftest war, rief nun noch in die Versammlung: M. H.! Ich
hätte noch viel reden und schreiben können — es wäre doch nicht vorwärts gegangen, wenn
ich nicht selbst die Sache p r a k t is ch an mir p r o b irt hätte. Ich umßte also selbst eine
Schneiderwerkstatt errichten und so ist es gekommen, daß ich aus einem Professor
noch außerdem ein „Schneiderkönig" geworden bin, wie man mich schilt. Diese drei
Lampen hier haben im Saal beu ganzen Abend trotz allen Cigarrenrauchs die g u t e Luft
geschaffen. Es sind glühende P l a t i n a k u g e l n; der Räucheressenz habe ich das von mir
erfundene Ozogen beigemischt. Eine solche Lampe nimmt dem Menschen, wenn er vielleicht
zu viel gegessen hat, alles Ü b e l b e f i n d e n. Frische Luft ist lange nicht so erquickend
nach einen: reichen Mahle, als mein Ozogen-Rttu ch e r a p Para t. Mein Ozogen
treibt aus dem Menschen alle Trübsal, Verdrießlichkeit, üble Laune und Grille:: aus. Wer
die von meinem Ozogen gereinigte Luft atmet, bekommt gar bald seine Seelenruhe
wieder. Ich mache jetzt eine halbstündige Pause. Fragen Sie mich nachher — i ch h a b e
Kraft, Ihnen bis 4 Uhr Rede zu stehen. (Schluß folgt.)
Übertragbarkeit und Disposition der Cholera.
Von Dr. C. Sturm, pratt. Arzt zu Berlin. (Schluß.)
Betrachten wir nun die Sache von dieser logisch allein begründeten Seite,
so erscheinen uns die neuesten Choleropilz-Forschungen in einem ganz sonder
baren Lichte. Denn es ist vor allem zu bemerken, daß der Cholerapilz wohl ein
geimpft werden und choleraähnliche Erscheinungen hervorrufen kann, aber uns
werden ja die krankhaften Stoffe doch nicht eingeimpft. Man bedenke nur
das erste und wichtigste, bis jetzt in der Heilkunde allerdings nicht gekannte Grund
gesetz, daß der menschliche Organismus ein geschloffenes Ganze ist und deshalb
von der Natur mit Häuten (äußere Haut und Schleimhaut) umgeben ist und
deß jeder von außen kommende Stoff erst diese durchdringen muß, um zum
Innern des Organismus zu gelangen. Alle Stoffe aber, welche, wie Ernäh
rung, Atmung, Luft, auf natürliche, d. h. in der von der Natur angeordneten
Weise, diese Haut durchdringen, erfahren durch diese Haut und die unter dieser Haut
vorhandenen Organe jene Umbildung, die sie brauchen, um für die Aufnahme in
das Innere des Organismus befähigt zu werden. Kommen aber Stoffe von außen
nicht auf diese natürliche, sondern auf eine abnorme Weise, z. B. durch zer
schneiden dieser schützenden Haut in den Körper, so hat der Organismus Schutz
mittel, diese Feinde abzuwehren. Zu diesen gehört vor allem die Blutung.
Gelingt cs dieser nicht, die fremden Stoffe abzuscheiden, so richten die
letzteren Zerstörungen im Organismus an. welche wir „ Blutvergiftung *
nennen. Wenn die Kommabazillen wirklich in den innern Organismus eindringen
könnten, so würden sie jedenfalls nicht durch eine Einspritzung, also plötzliche
Eröffnung des Organinncrn gegen die Außenwelt, sondern auf dem wohlbe
kannten Wege der Durchwanderuug der schützenden Haut eindringen; es wird
aber keinem Menschen einfallen zu behaupten, daß der Kommapilz sich in beiden
Fällen gleich verhalten wird.
In ähnlicher Weise hat man den Kommabazillus in den Darm einge
spritzt und so bei Tieren choleraähnliche Erscheinungen auftreten sehen. Allein
beim Menschen werden sie 1) nicht in den Darm eingespritzt und die durch
den Magen (bei Speise und Trank) kommenden Bazillen werden ja vom
Magensaft gänzlich zerstört, solange der Magen eben noch nicht schon cholera
krank ist. (Vergl. meine Vortröge.) 2) giebt es überhaupt keine Tiercholera,