Volltext: Der Naturarzt 1885 (1885)

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Schablone des Herrn Dr. med. Lahmann! Anm. d. Verf.) und mit ihrer 
vermeintlichen arzneilichen Kenntnis nur die Lücken ihres naturärztlichen Wissens 
auszufüllen pflegen. — und das andere Mal, in einem und demselben Atem, 
darauf bedacht nimmt, die Naturheilmethode vor den ungeschickten Griffen der 
selben homöopathischen Ärzte in Sicherheit zu bringen. Ein vortreffliches 
Paradigma, den logischen Satz vom Widersprüche damit zu illustriren. welcher 
bekanntlich besagt, daß von zwei Urteilen, welche sich vollkommen widersprechen, 
nur das Eine wahr sein könne, das Andere aber notwendig falsch sein müsse. 
Ich lasse Herrn Dr. med. Lahmann die Wahl, wo er die Wahrheit gesagt 
und wo er ge irrt haben will. 
Damit ist jedoch die Wonne des Widerspruches, in welcher Herr Dr. med. 
Lahmann schwelgt, noch nicht erschöpft. Wir haben soeben gelesen, daß 
es bei Weitem schwieriger ist, die „natürlichen Faktoren" zu hand 
haben, als mit Hilfe von „Schablonen und Nachschlageregistern" arzneiliche 
Kräfte zum Zwecke der Krankheits-Heilung zu verwenden. Woher schöpft nun 
Herr Dr. m6d. Lahmann dieses apodiktische Urteil, da er wenige Zeilen 
weiter oben erklärt hat, daß auch die ..Populäre homöopathische Ztg." samt 
ihrer „sonderbaren Logik" ihn nickt zwingen werde zu „tappen und 
zu probiren", d. h. mit der Lehre Hahne man ns theoretisch und praktisch 
sich vertraut zu machen? Hiermit bekennt doch Herr Dr. med. Lah m ent n 
auf das Unzweideutigste, daß er von der Homöopathie, ihrer Entstehung, ihrem 
Wesen, Zweck und Handhabung absolut nichts weiß, auch durchaus 
nichts wissen will. Schön! Woher nimmt er dann den Vergleich 
zwischen zwei Gegenständen, von denen er nur den Einen kennt, woher das 
komparative Urteil von der größeren und geringeren Schwierigkeit der Hand 
habung des Einen und des Anderen? Die Beantwortung dieser Frage ergiebt 
sich ohne Schwierigkeit aus der — Tonart, welche Herr Dr. med. L a h m a n n 
in dem in Rede stehenden Aufsatze angeschlagen hat. Die Heilmethode des 
Herrn Dr. med. Lahmann wird von Herrn Dr. med. Lahmann ausge 
übt ; folglich muß sie ethisch, omnipotent und schwierig sein. Die Homöopathie 
ist Herrn Dr. med. Lahmann unbekannt und wird von ihm nicht ausgeübt; 
folglich taugt sie nichts, und die Homöopathen noch weniger; so wenig, daß 
sie selbst die Dr. med. Lahmannsche Heilmethode, wenn sie es sich einfallen 
ließen, sie praktisch zu handhaben, nur d i s kreditiren würden (Herr Dr. med. 
Lahmann schreibt m i ß kreditiren. Ich würde es nicht gewagt haben, ihn 
verbessern zu wollen; die Schuld kann ja aber auch am Setzer liegen. Anm. 
d. Verf.). 
Bei allem Respekte für die Dr. med. Lahmannsche Heilmethode stößt 
mir doch der Zweifel auf, wie Herr Dr. med. Lahmann es anstellen werde, 
um auf die Dauer seiner Lebenszeit, welche ich ihm so lang gönne, als er sie 
nur wünschen mag, ohne Schablone durchzukommen. Die von ihm zu 
Gunsten des Lichtenauerschen „Pflanzen-Nährsalz-Extraktes". sowie der 
derselben Fabrik entstammenden „vegetabilischen Milch" wiederholt geübte Re 
klame flößt mir die Befürchtung ein, Herr Dr. med. Lahmann werde, indem 
er sich bemüht, dem Fabrikanten eine zahlreiche Kundschaft zuzuführen, was 
ja auch sein eigener Schaden nicht sein wird, auf das Jndividualisiren der 
sich auf eine große Anzahl von Patienten verteilenden, verschiedenen Krank 
heiten nicht sonderlich einlassen können. Drirnurn vivere; dei'nde philosophori 
— ist da die Losung. Herr Dr. med. Lahmann wird bald erfahren, daß 
die Gesetze der Schablonenhaftigkeit des Verfahrens ihm viel näher liegen, 
als den homöopathischen Ärzten, nachdem Hahnemann die Möglichkeit des
	        
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