Volltext: Der Naturarzt 1885 (1885)

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Interesse eine folgsame und ausdauernde Patientin, denn ich kann Ihnen bloß 
den Weg andeuten, den Sie zu gehen haben!" 
Darauf gab nun auch der Mann mir die Hand und sagte: „Ich bleibe 
bei meiner Frau, hole bloß in ein paar Tagen unser einziges Kind von 
Hause, damit meine Frau deshalb außer Sorge ist und dann werde ich schon 
darauf sehen, daß alles pünktlich geschieht, was Sie anordnen, denn ich habe * 
meine Frau recht gern und möchte sie noch nicht verlieren!" 
Darauf verordnete ich für den Abend noch ein Sitzbad von 22° und 30 
Minuten Dauer mit gelinder Frottirung der ganzen Bauchgegend und am 
Schluß auch eine Rückenwaschung, dann gut abtrocknen und ins Bett gehen, 
wo nach Wiedererwärmung dieser erkälteten Körperteile eine zweifache feucht- 
kalte Kompresse in doppelter Größe auf die Geschwulst und über dieselbe 
weg eine feuchte Leibbinde ringsherum, darüber die trockene Flanellbinde gelegt 
werden solle und empfahl der Pat., wenn eine schmerzhafte Empfindung im 
Umkreis der Geschwulst infolge von Heißwerden des Umschlags eintrete, so 
fortige Erneuerung der Kompresse wie der Leibbinde, wenn nötig mehrmals 
in einer Nacht; in der Frühe nach Abnahme der Bandagen ein kurzes Sitzbad 
von 5 Minuten, um kräftig abzukühlen und dann gleich in die feuchte Ganz 
packung mit extra Kompresse auf die Geschwulst und ein Handtuch um den 
Leib herum, worin Pat. liegen bleibt, so lange es ihr behaglich sei oder schlafe, 
und wenn es 3 Stunden dauern sollte, dann Abwaschung mit 16° Wasser im 
Bette und nach einiger Zeit frische Kompresse und Leibbinde; gegen Mittag 
wieder ein Sitzbad von 10—15 Minuten und das 3. längere abends gegen 
9 Uhr wie tags zuvor. Da Pat. wenig Appetit zeigte, so beruhigte ich die- » 
selbe mit dem Bedeuten, daß er schon kommen werde infolge der Wärmeent 
ziehung durch die Bäder und riet ihr nichts mit Widerwillen zu genießen, früh 
1 Tasse Milch und etwas Schrotbrot, mittags einen Teller dickgekochten Reis, 
Gries, Grütze rc. und darauf ein wenig Kompot mit etwas Brot und abends 
ein oder zwei Äpfel mit der Schale nach vorheriger Abwaschung und etwas 
Schrotbrot dürften ihr genügen; in der Zwischenzeit öfter einen Schluck frisches 
Wasser nehmen. Nachdem Pat. zirka 14 Tage so gekurt hatte, bemerkte ich, 
daß die Geschwulst in der Höhe wie im Umfang noch etwas zunahm und dabei 
weicher wurde, auch die Farbe sich änderte, stellenweise einen gelblichen Ton 
bekam und Pat. verspürte, wie es darin rumore, nämlich die verhärtete Masse 
zersetzt wurde und sich zum Abmarsch fertig machte, dabei klagte aber Pat., daß 
sie manchmal kurze Zeit lang mehr Schmerzen hatte, als je zuvor, worüber 
ich sie vertröstete, mit dem Bedeuten, daß sie jetzt am Anfange vom Ende sei, 
daher eben noch kurze Zeit das Unangenehme geduldig ertragen müsse in der 
Hoffnung, daß die Peiniger bald abmarschiren, und siche da, zu Weihnachten 
bekam sie als beste Bescherung den Aufbruch ihrer nun ganz weichen Geschwulst, 
wobei eine ziemliche Portion dunkclgesärbte stinkende Materie ausfloß; nach der 
Entleerung ließ ich in die Öffnung 24" Wasser einspritzen und riet Pat. im 
Sitzbad sich recht nach hinten zu lehnen, damit in die Öffnung das Wasser ein- 
dringen könne, welches dann nachher auf dem Sopha liegend durch Streichungen 
der ganzen Bauchfläche nach der Öffnung hin und einige gymnastische Übungen 
z. B. Rumpfvorneigen und Rückbeugung wieder gefärbt zum Auslaufen ge 
bracht wurde; nach weiteren 14 Tagen ging Pat. täglich mehrmals im Zimmer 
hin und her und dann animirte ich sie, mittags wenn die Sonne scheine, ins 
Freie zu gehen (die Öffnung natürlich mit Kompresse bedeckt und verbunden), 
was ihr wohl bekam; die Öffnungen schloffen sich nun mehr und mehr, die 
Hautfärbung wurde wieder normaler, die Geschwulst verschwand ganz und gar,
	        
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