Volltext: Der Naturarzt 1885 (1885)

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waltsam b. h. medikamentös zurückgetriebene Hautkrankeit, da durch den medi 
kamentösen Eingriff der vom Organismus beliebte Ausscheidungsweg verlegt 
wurde. Bei sehr gesteigerter Lebensthätigkeit wird auch wohl gleichzemg mit 
der Krankheit das Arzneigift überwunden und ausgeschieden ; hätte man in diesem 
Falle in Ermangelung der Kenntnis einer naturgemäßen Behandlungsweise 
nur zugewartet, so wäre auch der erstere eingetreten, ohne daß der zweite 
nötig gewesen wäre, in welchem Falle man nicht eine Schädigung des Orga 
nismus hätte mit in den Kauf zu nehmen brauchen; denn ohne diese geht 
es bei Arzneianwendung nie ab! Allerdings setzt es glücklicherweise nicht 
jedesmal bei Chinin- und Salicylsüuregebrauch schwere Delirien, E r - 
k r a n k u n g e u des Mittelohrs, Taubheit, Blindheit, G e i st es 
st ö r u n g e n ; aber um Ohrensausen, Übelkeit, Zittern u. s. w. als s ch w ä ch e r e n 
Vergiftungserscheinungen kommt so leicht niemand herum. Nicht 
jedes Kind erkrankt infolge der Anwendung chlorsauren Kalis, dem beliebten 
Mittel bei Diphtheritis, an Nierenentzündung; aber wenn alle diese schlämmen 
Folgen nur ein einziges mal aufgetreten wären, wäre dies doch Grund genug, 
von der Anwendung solch zweifelhafter Mittel abzustehen, und dabei gehören 
diese als Beispiele angeführten Medikamente noch zu den harmloseren 
und fast in den alltäglichen Hausgebrauch übergegangenen Mitteln, Bedarf 
es da noch einer Warnung vor den anerkannt giftigen Medikamenten, da 
es viel einfachere und vor allen Dingen wirksamere Methoden gibt? — Um 
den Wert der Arzneimittel zu zeigen, gibt es kein besseres Mittel, als die sich 
einer ungemein gesteigerten Nachfrage erfreuenden Schweizerpillen zu 
betrachten. Diese Pillen, deren hauptsächlichster Bestandteil A l v 8 (getrockneter 
Saft von Aloöarten Afrikas) ist, wirken sehr energisch stuhlgangbesördernd, 
da sie den Darm stark reizen und die Darmschleunhaut in einen katarrhalischen 
Zustand (wie bei einem Durchfall) versetzen; wehe aber dem, der schon so 
weit gekommen ist, daß er nur noch mit Schweizer- und ähnlichen Pillen 
Öffnung erzielen kann. Sie thun wohl einige Zeit, ja wohl einige Jahre ihre 
Wirkung — dann aber plötzlich nicht mehr, weil sich mittlerweile ein chro 
nischer Darmkatarrh eingestellt hat, der im hohen Alter leicht zum Darm- 
krebs überleitet. Dann ist guter Rat teuer, dann verfällt man notgedrungen 
auf die nicht medikamentöse, mechanisch-diätetische Behandlungsweise als letzte 
Rettung. Wenn sich diese jetzt noch als heilsam erweist, so hätte es doch nicht 
des mühsamen, mit Apothckerrechnungen gepflasterten Weges bedurft, um schon 
alsbald wirkllch zu gesunden; denn der mit den Pillen aufrecht erhaltene Zu 
stand war doch wcht Gesundheit, sondern wie das Endergebnis beweist, eine 
andere Form von Krankdeit. — Ünsere Zeit, die Reformen auf allen Gebieten 
zeitigt, spiegelt sich natürlich auch auf medizinischem Gebiete wieder. Meinte 
man früher, daß die Homöopathie eine Reformschule werden sollte, so ist 
diese Erwartung nicht in Erfüllung gegangen; denn sie hat nur die Dosen 
der Arzneimittel beschränkt, die Voraussetzung aber der Allopathen, daß gegen 
jede Krankheit ein Mittel gewachsen sei, beibehalten. Mittlerweile hat sich eine 
neue Schule abgezweigt oder ist vielmehr in Pfade eingelenkt, die zuerst 
von Laien gewiesen wurden, eine Schule, die alle Arzneimittel verwirft, Operationen 
in den meisten Fällen umgeht und an Stelle der verderblichen Spezialisirung wieder 
die Einheit der Wissenschaft proklamirt. Tagtäglich bekennen sich bedeutende 
Namen zu derselben, sprechen sich Leute wie E b st e i n, O e r 1 e l und andere über 
die absolute Verwerflichkeit gewisfer arzneilicher Kurverfahren aus und es ist zu 
hoffen, daß über kurz oder lang alle so schreiben werden wie Professor Dr.Roß- 
tz a ch kürzlich im „Ärztlichen Vereinsblatt". Vergl. die Votivtafel in Nr. 5 d.Bl.
	        
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