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$mi Gegenstücke zu Prof. Änckens Krankheils-Geschichte
nämlich:
Ebenfalls allopathisch ausgegeben und physiatrisch gerettet.
Vom Herausgeber. (Fortsetzmrg.)
Die zweite K r a n k h e i t s g e s ch i ch t e ist folgende:
Sonntag, den 20. August 1871, besuchte mich in Dresden um die Mittags
stunde ein Postbeamter in der Absicht, mich wegen seines einzigen 12 jährigen
Sohnes zu consultiren, der seit 10 Tagen am Typhus und rechts
sei t i g e r L u n g c n e n t z ü n d u n g erkrankt war und in bezug auf dessen
Wiedergesundnng die beiden ihn behandelnden approbirtcn Ärzte dem Vater-
wenig Hoffnung mehr machten, was ihn eben veranlaßte, ans Anraten
befreundeter, dem Naturheilverfahrcn ergebenen, Personen seine Zuflucht zu
diesem resp. zu mir zu nehmen. Seine Frage an mich lautete demgemäß:
Glauben Sie, daß mein Sohn durch Wasserbehandlung noch gerettet werden
kann und wollen Sie nicht einmal den Kranken ansehen, um darnach die
Möglichkeit der Hilfe zu ermessen? Darauf erklärte ich dem betrübten Vater
meine vollste Bereitwilligkeit, den Kranken zu besuchen und je nachdem ich ihn
anträfe, auch sofort die physiatrische Behandlung einzuleiten; ich erklärte dem
Herrn sodann noch, daß ich die Behandlung aber nur unter d e r „ Be
dingung übernehmen würde, wenn die den Kranken bisher behandelnden Ärzte
ihre Besuche sofort einstellten, da es seit Oktober 1869 mit Einführung der
neuen Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund keineKurpfuscherei,
somit auch keine medizinischen Wilddiebe mehr gebe und Unsereins
daher jetzt ganz offen und am hellen lichten Tage Patienten in Behandlung
nehmen dürfe, somit nicht mehr die Vorsicht gebrauchen müsse, heimlich und
hinter dem Rücken der Approbirten den verfahrenen Karren für dieselben
aus dem Drecke zu ziehen, oder wenn es schief geht, wenn auch aus diesem
Heilwege keine Hilfe mehr zu erzielen, zum Lohne und Dank für die gehabte
viele Mühe und Aufopferung eine Vorladung aufs Rathaus oder Stadtdirektiou
und darnach eine Geldstrafe zu erhalten, wie mir das früher mehrmals
begegnet. Ich verabredete mit dem Herrn, daß er mir Bescheid zukommen
lassen solle, wenn er diese Angelegenheit in Ordnung gebracht habe. Am
andern Morgen wurde ein Billet in meiner Wohnung abgegeben, welches die
Mitteilung enthielt, daß der Vater beim Hausärzte gewesen sei und ihm sein
Anliegen vorgetragen habe, worauf der Herr Doktor ganz liebenswürdig sich
benommen und nur sich ausgebeten habe, den Patienten noch einmal zu sehen,
ehe er seine entscheidende Erklärung abgebe; wenn derselbe nun dagewesen sei,
werde der Vater sofort kcmmen und mir mündlich das Weitere mitteilen. Eine
Stunde später besuchte mich in der That der Vater und berichtete mit sehr
bewegter Stimme, daß Dr. Z. soeben bei ihm gewesen sei und seinen Sohn
nochmals genau untersucht und dann offen geäußert habe: „Es stehe sehr
bedenklich beim Patienten und er könne nicht für sein Auf
kommen unterallen Um st än den garantiren; wenn man dem-
nach, wie er vernommen, jetzt noch bei einem andern Heil
verfahren Hilfe suchen wolle, so stehe er gerne von der
w e i t e r e n B e h a n d l u n g z u r ü ck u n d wünsche bloß n o ch b e st e n
Erfolg von diesem Schritte!"
Der Herr Beamte wiederholte hierauf seine Bitte an mich, den Kranken
nunmehr ohne Säumen in Behandlung zu nehmen, indem er jetzt nur noch
auf diese sein Vertrauen und seine Hoffnung setze. Ich begleitete darauf den