Volltext: Der Naturarzt 1883 (1883)

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kranken, oder ob Sie sich nicht geneigt fühlen, mit mir zu sagen: „Die Ab- 
stammung auch dieser filtrirten Flüssigkeit ist mir doch zu niedrig und 
schmutzig, um mein Blut damit zu verunreinigen!! 
ad 3. Die ungeheure Vermehrungsfähigkeit der Spaltpilze, deren über- 
hauptige Existenz, mag man sich für die eine oder andre der unter 1. behan 
delten Hypothesen entscheiden, wir schwerlich auszurotten vermögen, muß uns 
notwendig zu zwei Maßregeln führen: a.) sie nicht mutwillig noch zu 
vermehren und b) uns so widerstandsfähig wie möglich dagegen zu machen. 
Was soll man aber dazu sagen, wenn in einer Gegend, in welcher die 
Diphtherie Jahr ans Jahr ein in ausgedehntem Maße herrscht, die überall 
lagernden großen Komposthaufen nicht mit Abschlußschichten versehen werden, 
und nachdem die oberste durch Luft und Wetter einigermaßen desinfizirte 
Schicht abgestochen worden, Wochen- und monatelang ihre Düfte und damit 
auch wohl die gefürchteten Bakterien in die Welt hauchen dürfen! Das 
sollten doch wohl vor allem diejenigen beherzigen, die an die Unwiderstehlich 
keit der letztern und an ihre kolossale Vermehrungsfähigkeit so ernsthaft 
glauben. 
Für reinlich und vernünftig lebende Menschen, insofern sie sich nicht selbst 
etwa mit Bakterien-Kultur befassen, ist freilich deren Vermehrungsfähigkeit fast 
so gleichgiltig, wie z. B. die Vermehrungsfähigkeit des Schmutzes bei den Eski 
mos für eine englische Dame, die täglich ihr Bad nimmt. 
ad 4 könnte ich mit meinem Fazit auf Grund Ihres Aufsatzes nun 
allerdings kolossal in die Brüche geraten, wenn ich nicht wirklich ein ganz 
bakterienfester Anhänger der Naturheilkunde wäre. Da nämlich alle die von 
Ihnen angeführten Mittel zur Vertilgung der Spaltpilze teils, wie z. B. Kar 
bolsäure, Salycilsäure u. s. w., den von Ihnen selbst so überzeugend als w i r- 
kungslos dcmonstrirten Droguen angehören, teils, wie das Sublimat, schon 
an und für sich scharfe Gifte darstellen, Sie aber anderseits das von Naegeli 
in „passender Anwendung" vorgeschlagene Wasser so mitleidig ironisch ab 
takeln (allerdings, der Wahrheit die Ehre, um es am Schlüsse Ihres Aufsatzes 
selbst nur um so glänzender wieder in seine Rechte einzusetzen), so hätte ich, 
wenn ein Atom ächten deutschen Autoritätsglaubens in mir steckte, durch Sie 
selbst, Herr Doktor (natürlich gegen Ihre eigene Absicht und Willen), zum 
Glauben an die alleinige Wirksamkeit der ächten Pasteurschen Universal-Jmpf- 
Lymphe verleitet werden können. 
Denn, auf S. 19 in Nr. 2 führen Sie aus, daß weil „Hiller mit Ge 
mischen von Monaden, Stäbchen, Ketten. Fäden und Lager derselben operirte" 
und weit er „saprogene (d. h. Fäulmß-) Bakterien in seinem Impf 
material mitverwendete", seine Bakterien keine Wirkung haben, d. h. nicht die 
ihnen eigentümlich entsprechenden Krankheiten erzeugen konnten, „da die 
Fäulniß-Bakterien, wie jedem Mykologen bekannt, die 
krankmachenden Bakterien vernichten." 
Da hätten wir ja in den Fäulnisbakterien (bacterium termo) das so 
sehnlich gesuchte Gegenmittel gegen die „krankmachenden Bakterien" und 
in dem von Ihnen so schön mit einem Gemisch von Unkraut und Weizen ver 
glichenen Hillerschen Bakteriengcmische die gesuchte Pasteursche Universal-Jmpf- 
Lymphe. Also wohlan, auf zum Kampfe, warum nicht mit Bacterium termo 
milzbrandkrankes Vieh impfen, damit jenes den bacterium autbracis einfach 
auffresse! * 
.. * A nm. Ich besorge stark, daß ähnliche Schlüsse von arznei- und bakteriengläublgen 
Ärzten gezogen und dem denktrügen Publikum aufoktroyirt werden könnten.
	        
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