Volltext: Der Naturarzt 1883 (1883)

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Nachschrift ;u meiner Brankheitsgeschichle. 
(Vor. Jahrg. Nr. 9—12.) 
Von Theodor Hahn. 
Mein Krankheitszustand geht seinem Abschluß entgegen. Schmerz und 
Brand in der Geschwulst, Brand in den Füßen und Brand int Schlunde sind 
stetig so stark vorhanden, daß ich meistens nur noch wie todähnlich und teil 
nahmlos daliege. Außer der D arm ge sch wu Ist war von Anbeginn noch 
eine Bauchgeschwulst vorhanden. Zu letzterer haben sich im Laufe des 
Sommers und Herbstes noch mehre neue hinzugesellt. Überdies sind 
Schlund und Speiseröhre krebsig entartet. Letztere verengt sich 
mehr und mehr und ich kann selbst flüssige Nahrung nur noch in den kleinsten 
Zügen hinunterschlucken. Wenn die Auflösung nicht sonst bald erfolgt, werde 
ich noch den Hungertod sterben! 
Bemerkung der Redaktion. 
In Nr. 12 der „Berliner Zeitschrift des Stammvereins" veröffentlicht Kollege Th. Hah n 
sub „Dank und Bitte" eine derbe Abfertigung meines angeblichen Rates für sein 
Leiden — Mastdarmkrebs mit habitueller Stuhlverstopfüng — nämlich Heil 
gymnastik, auf welche ich in Nr. 11 d. N.-A. in Anmerkung aufmerksam machte, 
wobei ich selbstverständlich aber individuelle Berücksichtigung des jeweiligen Falles 
voraussetzte und, was ich jetzt betone, Anwendung derselben im Beginne des Leidens 
bei Hahn und nicht jetzt, wo die leiseste Berührung der Bauchdecke und jede Bewegung 
des Oberkörpers oder der Beine heftige Schmerzen erzeugt! Es zeugt — um mich Hahns 
eigener bissiger Worte zu bedienen — von einem absoluten Mangel jeglichen Verständ 
nisses des Wesens der Heilgymnastik, speziell der schwedischen H e i l g y m n a st i k, 
wenn man glaubt, dieselbe wolle mit einem Kranken seiner jetzigen Art — turnerische 
Kraftübungen vornehmen; sie hat aber doch Manipulationen und duplizirte Übungen von 
so feiner Art, daß man selbige mit homöopathischen Dosen vergleichen könnte! Übrigens, 
wenn ich meinem Kollegen einen speziellen Rat hätte geben wollen, so wäre es nur 
brieflich auf eine spezielle Anfrage seinerseits geschehen, denn ich dränge mich niemand auf! 
Da H. aber durch Veröffentlichung seines Krankheitszustandes und die Hilflosigkeit seiner 
Lage das Mitleiden und das sog. Gutenratgeben provozirte und infolge dessen auch 
bei mir zahlreiche Anfragen und Bemerkungen einliefen, worin auch der Passus vor 
kommt : ob man H. denn gar nicht helfen könne?, so kam es, daß ich in Nr. 11 jene übel 
aufgenommene Bemerkung machte, deren herbe Abfertigung mir gerade so vorkommt, wie 
wenn Jemand, der gefallen ist und nun schreit, dem, der herbeispringt, um zu helfen, eine 
Ohrfeige applizirt. Nachträglich kam ein Brief aus Klausenburg, worin vier Herren sich 
nach Hahns Befinden erkundigen und die Hoffnung aussprechen, daß er durch meinen 
Rat wohl bereits der Besserung zugeführt worden sei! Da rate Einer noch! 
Die Mitteilung dieser Krankheitsgeschichte hat nun aber viel Staub aufgewirbelt nach 
zwei Seiten ; nämlich einmal: wozu nütze es, daß man jahrzehntelang g e v e g e - 
tariert habe, wenn man dann doch ein solches miserables Ende nehmen müsse! Das 
andremal: da hat mans, schimpft Einer drei Jahrzehnte lang über Allöopathie und 
Homöopathie und kann nun doch durch seine unübertreffliche Heilmethode in bester 
Lust und Pflege den Krebs nicht verhüten, den heilen zu können er in seinen Schriften vorgiebt! 
Ja, w o h e rsoll denn dieser Mastdarmkrebs nun eigentlich rühren ? Das erfahren wir aus 
Nr. 1 oer „Homöopathischen Monatsblätter", wo Seite 14 buchstäblich zu 
lesen: „Mehrfach haben wir auch schon von Mastdarmkrebs gehört, welcher nach 
längerem Genuß von Grahambrot (?) eingetreten ist; der Naturarzt' T h. H ahn ist 
jetzt nach dreißigjährigem Genuß von Grahambrot an diesem verzweifelten Übel krank!" — 
Das ist doch stark; erst hatte man so viele Mühe und Not seit Jahr und 
Tag, um ein leidliches Schrotbrot sich zu verschaffen und nun soll man noch 
den Mastdarmkrebs davon bekommen? Wenn das die Herren Approbirten er 
fahren, werden sie den Hartleibigen die Hölle heiß machen und ihren Rhabarber 
ausdringen. Aber nur gescheit, die Berliner sagen: Bangemachen gilt nicht! 
Und darum wollen wir getrost unser Schrotbrot, unser Brot aus fein ge 
mahlenem aber ungebeuteltem Weizenmehl, auch ferner essen, denn 
durch dessen Genuß kann nimmermehr Mastdarmkrebs entstehen!
	        
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