Volltext: Der Naturarzt 1883 (1883)

179 
LungenkUarrhs und des Protoplasmas der Pflanzenzellen nur Lungen-- und Nervenent 
zündungen hervorgerufen hätten. Er sei absolut nicht überzeugt, daß be 
stimmte Formen von Schizophyten nur bestimmte Krankheiten er 
zeugen können. Fodor begebe sich mit seinen apodiktischen Behauptungen in das 
Gebiet des Glaubens, wohin er ihm nicht folgen könne. 
Schottelius wieder hat gefunden, daß durch Inhalation großer Quantitäten nicht- 
tuberkuloser Massen bei Hunden in den Lungen Knötchen zu erzielen sind, welche anatomisch 
den Tuberkeln gleichen und obgleich Koch behauptet, daß diese Experimente von Ver 
th e a u und Weigert widerlegt seien, bleibe doch Schottelius hartnäckig auf seinem 
Standpunkt. Er findet auch noch weitere Widersprüche in der abweichenden Form der 
Tuberkulose bei verschiedenen Tieren. Es ist bekannt, sagt er, wie verschiedenar 
tig und verschiedenwertig reicht selten krankmachende Ursachen 
auf verschiedene, selbst einander nahe st ehe n de Tierspezies 
wirken. Koch erinnert dagegen an die gleichen Verhältnisse beim Milzbrand, der 
klinisch und anatomisch beim Menschen so verschiedenartig verlause, daß man ohne Berück 
sichtigung der gleichen Ursache der Milzbrandbazillen ganz verschiedene Krankheitsbilder 
daraus machen mußte, auch differiren die Milzbrandformen des 
Menschen ganz erheblich von denen der Tiere und ebenso die 
jenigen der letzteren untereinander. Wir nehmen hier Akt von dieser Aus 
sage, denn sie bestätigt, wie irreführend Tierexperimente sind und wie überaus vage die 
ganze heutige Krankhntslehre ist. Schottelius wendet sich aber hauptsächlich g e g e n die 
Jdentifizirung der Perlsucht und der menschlichen Tuberkulose und führt als Grund dasür 
an, daß die Einwohner mehrer Dörfer bei Würzburg viele Jahre hindurch das Fleisch 
perlsüchtiger Kühe genossen hätten, ohne tuberkulös zu werden. Auch Bölling er habe 
ähnliche Angaben bezüglich der Wasenmeistereien Baienrs gemacht. Koch entgegnet, daß 
die Leute vielleicht Fleisch genossen haben, das keine Bazillen enthielt, denn es seien ihm 
auch viele Fälle bekannt, wo Milzbrandfleisch ohne jeden Nachteil genossen worden sei, man 
müßte also auch solches für unschädlich halten. 
Schottelius hält auch die Jmpftuberkulose des Kaninchen gar nicht 
für echte Tuberkulose. — Vielleicht ist es auck erlaubt an der Echtheit des Milzbrandes 
bei den Mäusen des Herrn vr. Haupt zu zweifeln. 
Den Ausführungen von Schottelius schließt sich D e t t w e i l e r fast durchwegs an. 
Auch er hält die Tuberketbazillen nicht für die Ursache, sondern für eine Begleit 
erscheinung der Tuberkulose und seiner Meinung nach können die Jmpsexperimeute mit 
Bazillen nichts beweisen, weil bei Tieren nur Miliartuberkulose und nie das 
typische Bild der Schwindsucht erzielt werde. Koch wendet wieder ein, daß 
auch andere Infektionskrankheiten beim Tiere anders verlaufen wie beim 
Menschen und daß, wenn ein Kaninchen aus einem Milzbrandkarbunkel des Menschen ge 
impft wird, dasselbe nicht einen Karbunkel, sondern eine Allgemein-Jnfeklion bekommt und 
sich ebenso abweichend verhält wie nach Impfung aus einem lokal gebliebenen tuberkulösen 
Prozeß, z. B. einer kranken Lunge. Kaninchen und Meerschweine bekommen überhaupt nie 
eine lokale beschränkte Milzbrandaffektion, gleichwohl aber, meint Koch, könne man diese 
Tiere zu Experimenten benützen, wenn der erzielte Milzbrand auch nicht das typische Bild 
des menschlichen Milzbrandes bildet. Ebenso verhalte es sich mit der experimen 
tell erzeugten Tuberkulose. Unsere Versuchstiere seien entweder säst unempfänglich, 
wie Hunde, Ratten, Mäuse, oder sie bekommen nach einem verhältnismäßig kurzen Stadium 
lokaler Tuberkulose eine Allgemein-Jnfektion und Miliartuberkulose. Selbst die spontane 
Tuberkulose des Affen bleibt niemals lokal, sondern endet immer mit Miliartuberkulose. 
— Ich möchte da wohl fragen, kann man unter solchen Umständen überhaupt von Erzeugung 
derselben Krankheit reden? Auch Dettweiler hält die Bazillem nur für zufällige Begleiter 
der Krankheit. Schließlich glaubt Koch, daß dieser sich als Leiter eines Sanatoriums, 
wenn auch unbewußt, durch seine Stellung zu sehr beeinflussen lasse, was er jedenfalls 
auch gegenüber B r e h m e r geltend machen kann, der die Kontagiosität der Tuberkeln gleich 
falls leugnet. Uns aber nimmt man übel, wenn wir den Jmpfärzten Befangenheit zum 
Vorwurf machen. 
Wir gelangen nun zu Spina, über dessen Gegnerschaft Koch, da derselbe das 
Wiener physiologische Institut repräsentirt, am meisten erbost ist und ihn kurzweg als 
Stümper hinstellt, dem alle Fertigkeit für mikroskopische Untersuchungen abgehe, sieht sich 
aber zu der bedeutungsvollen Konzession genötigt, daß es möglicherweise noch 
andere Spaltpilze gebe, welche ebenso auf Farbstoffe reagiren, 
wie die Tuberkelbazille u. Er tadelt seine ganze Untersuchungsmethode, wobei 
einige später von Spina berichtigte Mißverständnisse unterlaufen und kommt zu dem 
Schluffe, daß er weder Bakterien zu miksrokopiren, noch zu kultiviren, noch zu verimpfen 
verstehe.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.