Volltext: Der Naturarzt 1883 (1883)

164 
Ungeimpfte erkrankt seien!! Wie finden Sic sich ferner mit Ihrer ausge 
sprochenen Ansicht, daß die Immunität nur eine relative sei und der länger 
andauernden Einwirkung der Krankheitserreger nicht standhalte, ab? Die 
Deutschen find doch lange genug in dem von Blattern „dezimirten" Frankreich 
gewesen, oder soll diese Einwirkung noch länger nötig sein? Das, was für 
Ihre Behauptung zu sprechen scheint, ist für Sie unfehlbare, unanfechtbare 
Wahrheit; Thatsachen, die Ihren Ansichten widersprechen, sind wertlos. 
Es ist dies bequem, aber dem Zweisier gegenüber nicht überzeugend. 
Ihre Klagen über die Jmpfgegner sind wirklich drollig, und daß, wie Sie 
sagen, „jeder Mensch sehen und fühlen will, ehe er sich überzeugt und wir 
alle etwas vom ungläubigen Thomas haben", leider nur zum Teil richtig. 
Die Schreckbilder, welche die Berufung auf die früheren Epidemien (die unter 
ganz anderen Verhältnissen stattfanden und künstlich durch unvernünftige 
Maßregeln genährt wurden und zwar unter Beihilfe der Ärzte) 
hervorzaubern soll, rufen kein Gruseln mehr hervor. Sie und Ihre Herren 
Kollegen haben durch ihre häufigen Irrtümer, falsche Behand 
lungsweisen der Krankheiten (worunter die frühere Nicht-Jsolirung 
der Blatterkcanken und Abschließung der Luft re.) viel von dem unbedingten 
Vertrauen eingebüßt, zumal diese Irrtümer mit eiserner Konsequenz ver 
teidigt und nur nach jahrelangem Bekämpfen aufgegeben wurden. Es 
sei nur unter anderen Aderlaß, Typhusbehandlung erwähnt. Der 
Zweifel, geehrter Herr Professor, hat uns vorwärts gebracht, nicht der 
blinde Autoritätsglaube! Daß die Schweizer den Impfzwang ver 
worfen haben, bedauern Sie natürlich sehr. Die Ursache davon ist, Ihrer 
Ansicht nach, die Behauptung der Jmpfgegner, daß die Möglichkeit der Über 
tragung andrer Krankheiten von diesen besonders betont woraen sei. Sie^ ent 
gegnen darauf sehr charakteristisch: „Die gegenteiligen Versicherungen der Ärzte 
haben in diesem Punkte nicht alles Mißtrauen zu beseitigen vermocht." Aller 
dings ist es denselben „leider" nicht möglich gewesen, die vielfach, zum Teil 
amtlich, festgestellten Thatsachen, Übertragung der Syphilis rc., wegzuleugnen, 
von weniger schlimmen Fällen ganz zu schweigen. Warum geben Sie 
nicht offen zu, daß entsetzliche Schädigungen und Todesfälle infolge der 
Impfung schon yäufig, und auch in ärztlichen Zeitschriften, konstatirt 
sind? Sie hätten ja immer noch den Ausweg, zu erklären, daß Sie zwischen 
Ihrer Angst vor Blattern - Epidemien und zwischen Jmpfschädigung lieber das 
letztere wählen. Da aber das Publikum nicht mehr an diese Epidemien glaubt, 
wollen Sie diese Alternative doch nicht gestellt wissen. Ihr Aufsatz hat mich 
nicht im mindesten in irgend einer Beziehung aufgeklärt, ich habe nur neuer 
dings wieder gefunden, daß alle Titel nicht vor höchst unlogischen und sehr 
einseitigen Schlüssen und Hypothesen schützen, und daß diese nicht nur zum 
Teil von Ihren Kollegen, sondern auch von vielen der Leser als dem gesunden 
Verstand wider st redend verurteilt werden dürften. Es ist mir wirklich 
unbegreiflich, wie man einen Artikel mit so viel Unklarheiten und Widersprüchen 
zur Veröffentlichung geben kann. x. Y. z. in Frankfurt.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.