Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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den will, so muß man ihn dabei unterstützen und nicht hindern! Das 
Schwächegefühl, über das Pat. sich abermals so sehr beklagt, ist wie 
oben schon einmal erklärt, ganz natürlich und geht vorüber, sobald der Orga 
nismus mit seiner abnormen inneren Arbeit fertig ist. Zu dem Entschlüsse, 
— noch länger der kadaverösen Nahrung mit der Rauchhexe entsagen zu wollen, 
gratulirte ich dem Pat., denn damit ist er auf dem rechten Weg, wobei aber 
Haut- und Lungenpflege mit im Bunde sein müssen. 
Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich annehme, daß ein großer Teil 
meiner Leser begierig sein wird, zu erfahren, wie es dem Pat. weiter ergangen 
ist und lasse daher nachstehend den nächsten Bericht vom 27. Oktober aus 
Paris folgen, welcher also lautete: 
Sehr geehrter Herr Leibdoktor! 
Wenn Sie etwa geglaubt haben, es würde mir besonders schlecht oder be 
sonders gut gegangen sein, oder ich wäre Ihnen untreu geworden, so haben Sie 
in allen drei Fällen Unrecht gehabt und mein langes Stillschweigen ganz 
falsch gedeutet. Ich bin seit Anfang Juli a. c. hier, habe die Elektrizitätsaus 
stellung mit meinem neuen System elektrischer Beleuchtung beschickt und für das 
selbe die goldene Medaille eingeheimst. Jeden Tag gab es daher hier vollauf 
zu thun und ich hatte somit keine Zeit zum Briefschreiben. Jetzt bin ich daran, 
abzureisen und es ist mir gerade noch eine Stunde Zeit übrig geblieben, die ich 
benutze, Ihnen in Eile zu schreiben und Sie um fernere Verhaltungsmaßregeln 
zu ersuchen. Gestatten Sie mir daher ganz kurz zu sein: 
1. Mein Kopfleiden hat sich bedeutend gebessert. Die Migräne 
erscheint nur sehr selten und in ganz gelinden, zu ertragenden Anfällen; die 
Diarrhöe ist gar nicht mehr wiedergekehrt, Stuhlgang ziemlich regelmäßig 
— sowie Appetit normal. 
2. Ich fühle mich nur immer noch sehr schwach und strengt mich Alles, 
was ich thue, besonders aber geistiges Arbeiten, sehr an. Ich bemerke über 
haupt mit Schrecken, daß durch das langjährige Kopfleiden meine geistigen Fähig 
keiten sehr gelitten haben; oft läßt mich mein Gedächtnis momentan ganz im Stich. 
3. Die Kaltwasserkur mit Einpackung und Halbbad habe ich nur etwa bis 
Ende März fortsetzen können; da kamen zuerst 7 Furunkeln int Gesicht und 
Nacken (darunter auch einer auf der Nase, der fünfmal geschnitten werden mußte) 
und dann regte mich die Kaltwasserbehandlung dermaßen auf, daß ich die Kur ganz 
aufgeben mußte, indem ich successive mit den Einpackungen aufhörte. Seitdem wasche 
ich mir nur morgens nach dem Aufstehen den Kopf nach Vorschrift, nehme 
— wenn es nötig ist — ein Lavement zur Nachhilfe und lebe ausschließlich von 
Gemüse, Grahambrot und Obst! Bisher ging das ganz gut, namentlich hier 
in Paris, wo mit Vorliebe Gemüse gegessen werden und diese vorzüglich sind- 
Nun soll ich aber in 3—4 Wochen nach London reisen, wo man sich fast aus 
schließlich nur von Fleisch nährt. Es wird daher nötig sein, daß ich langsam 
inzwischen wieder zur Fleischkost übergehe. Ich erbitte mir daher Ihre dies 
bezüglichen Vorschriften. Am 18. November war es genau ein Jahr, daß 
ich kein Fleisch mehr gegessen und nicht geraucht habe und habe ich das 
Verbot auch nicht ein einziges Mal übertreten! 
4. Während dieser Zeit habe ich durch Kaltwasser-Behandlung 2 mal einen 
meiner Jungen, an diphtheritischem Halsbelag erkrankt, glücklich kurirt und zum 
Hohne aller Mediziner einen 10jährigen Knaben, der an Flecktyphus erkrankt 
war, gerettet! Ich mache Ihnen also keine Schande! Bitte, mir direkt nach 
B. und möglichst ausführlich zu schreiben! Beste Grüße von Ihrem dankbaren 
hochachtungsvoll ergebenen E. J. G-.
	        
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