Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Schweres Nervenleiden (LtemiorauLN.), 
durch die Hände mehrcr medizinischer Ober-Ober re. ohne Besse 
rung. geschweige Heilung gegangen, welche e r st durch eine modifizirte 
hydrodiätetische Behandlung erfolgte! 
Eine lehrreiche Krankengeschichte vom Herausgeber. 
(Schluß.) 
Meine Antwort auf den Lamentationsbrief vom 11. Januar lautete un 
gefähr : Ich gratulire Ihnen, daß die Diarrhöe gewichen und auch weder 
Migräne, noch neuralgische Kopfschmerzen sich eingestellt haben 
und doppelt gratulire ich Ihnen zu dem Abfresse* auf der Stirn, welcher ganz 
bestimmt eine Portion Krankheitsstoffe — materielle Ursache Ihres Kopfleidens 
— fortschaffte, denn die Absceßbildung wird vom Organismus immer dann 
eingeleitet, wenn er fremde, in den Körper eingedrungene oder sonst ihm 
aufoktroyirte Stoffe (Arzneimittel in allop. Form) auf dem gewöhnlichen Aus- 
schcidungswcge nicht entfernen kann. Sie hätten also dabei Ihr bischen 
gesunden Menschenverstand zusammennehmen und die beginnende Geschwulst mit 
feuchten, gutausgerungenen vierfachen Leiuwandkompressen und trockenen, wolle 
nen darüber belegen sollen, mit Erneuerung derselben, s o o f t s i e r e ch t w a r m 
und wieder schmerzhafter geworden, um den abgelagerten Stoff zur Reife zu 
bringen; bei der großen Kälte durften Sie mit diesem permanenten Stirn 
umschlag selbstverständlich nicht ins Freie gehen, sondern mußten, wenn 
nicht im Bette. so doch im nur müßig erwärmten Zimmer bleiben und die 
Kur in der Weise verdoppeln, daß Sie gegen Abend, wo das Fieber 
gewöhnlich zunimmt, eine z weite feuchte Packung mit folgendem Halbbad 
sich machen ließen — zwecks Ableitung der Blutmafse vom Kopfe und Be 
ruhigung des Zentralnervensystems durch Abkühlung der ganzen Hautober 
fläche, auch zwecks Ausscheidung von Eiterpartikelchen aus dein Blute. Daß 
Sie zu Ihrem Hausarzte geschickt haben, war nicht dumm, denn bei diesem 
ersten Absceß hatten Sie ja noch keine Erfahrung und Ihre Gattin ebenso 
wenig die Kenntnis von der nötigen Öffnung desselben , sonst konnte sie mit 
telst großer Stecknadel oder Federmesser leicht eine Öffnung machen, sobald 
wo eine recht schwappige Stelle bemerkbar und den Eiter ausdrücken, die 
* Anmerkung. 
Absceß nennt der Pathologe eine Ansammlung von Eiter in einem außergewöhnlichen 
höhlenartigen Raume innerhalb eines Gewebes oder Organes des menschlichen Körpers; 
derselbe kommt zu Stande, indem sich die feinsten Blutgefäße infolge eines Entzündungs 
reizes mit Blut überfüllen, und dann aus dem langsamer fließenden oder ganz stockenden 
Blute durch die Gefäßwände hindurch in das umliegende Gewebe massenhaft weiße Blut 
körperchen treten, die sich sofort in Eiterkörperchen umwandeln; auch die feinsten Gewebes 
partikelchen, zwischen denen sich anfangs der Eiter befindet, nehmen an diesem Eiter 
bildungsprozeß teil; dazu kommt noch ausgeschwitzte Blutflüssigkeit ; entleert sich diese Absceß- 
masse nicht von selbst oder durch künstliche Eröffnung, so dickt sich der eitrige Inhalt ein 
und vertrocknet. Die Kennzeichen eines Abscesses bestehen in Geschwulstbildung, Rötung 
und Hitzegefühl der überliegenden Weichteile, in heftigem Klopfen, auch stechenden Schmerzen 
und der Wahrnehmung des Schwappgesühls vermittelst dem ausgelegten Finger; dazu 
kommen noch Funktionsstörung des betreffenden Organs und mehr oder minder heftiges 
Fieber. Bei oberflächlich liegenden Abscessen besteht die Behandlung zu Anfang, wo wegen 
der Blutfülle in den Gefäßen und der Festigkeit des geronnenen, aus dem Blute Ausge 
schwitzten noch eine harte, bisweilen gerötete Geschwulst vorhanden ist, in Anwendung von 
feuchter Wärme (erregende, feuchtkalte Umschläge, mit Wechsel wenn sehr heiß geworden), 
später aber, wenn der Eiter sich gehörig gebildet hat, schwappt, in zeitiger Entfernung 
desselben, sonst kann er nicht nur zu großen Zerstörungen des Organs, sondern auch zu 
gefährlicher Eitervergiftung des Blutes Veranlassung geben.
	        
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