Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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ich mich am Schlüsse dieses 1. Aktes und beim Beginn und Verlauf des 
2. Aktes zu verhalten habe, ob im 2. Akte (da die Verdauung jetzt anhaltend 
gut ist) nicht schon H ü l s e n f r ü ch t e vorkommen, um dem Heldentenor der 
tragischen Oper einige Kräftigung angedeihen zu lassen, sowie um gef. 
Angabe, wieviel Akte überhaupt diese Oper (welche an Langwierigkeit 
selbst die Wagnerischen übertrifft) Ihrer Meinung nach haben soll? Indem ich 
Ihnen schließlich noch bemerke, daß ich das Halbbad jetzt bereits mit 21" und 
den Überguß mit 18° nehme und besser vertrage, als vorher, begrüße ich Sie 
mit freundschaftlicher Hochachtung R. J. G. 
Kaum war meine Antwort vom 13. abgegangen, so lief der 4. Brief vom 
16. Januar als 6pi8to1a 1amtzutatioui8 iraeque tertia ein, welcher lautete: 
Wie Sie sehen, kann ich wieder schreiben, also sehen und benütze ich den 
Augenblick, in dem mir beide Augen zur Verfügung stehen, um Ihnen einerseits 
einiges zu meinem Berichte vom 11. d. nachzutragen, andrerseits um Sie um 
gef. Aufklärung einiger scheinbarer Widersprüche zu bitten, welche ich in Ihren 
Kurverordnungen finde, und die mich so mißmutig und ärgerlich machen, daß ich 
nahe daran bin , den Humor, den ich durch den bisherigen günstigen Erfolg 
wieder gefunden hatte, auch wieder zu verlieren und, da ich nicht mehr weiß, 
wo ich sie anpacken soll, die Flinte in's Korn zu werfen! 
Zunächst muß ich mich dagegen verwahren, daß Sie glauben, ich hätte die 
Kur infolge des Abscesses unterbrochen. Ich schrieb Ihnen doch, daß ich mich 
anfangs um die Geschwulst gar nicht kümmerte ; auch habe ich nicht versäumt, 
dieselbe fleißig kalt zu waschen, um sie womöglich abzuleiten, aber ich glaube 
heute bestimmt, gerade weil ich die Kur nicht unterbrochen habe, sondern un 
mittelbar nach dein Halbbad hinaus ins Freie gegangen bin , um die in der 
Kurverordnung vorgeschriebene Promenade zu machen, habe ich den anfangs 
kleinen und unbedeutenden Furunkel verkühlt und ist daraus jener große Absceß 
geworden, der mein linkes Auge gefährdete. Von einem Ableiten konnte von 
dem Augenblick an, wo ich mich gezwungen sah, ins Bette zu gehen, keine Rede 
mehr sein; es mußte rasch Hilfe gebracht werden, um den gefährlichen Druck 
vom Auge zu beseitigen und dies war nicht mehr anders, als durch einen Schnitt 
möglich und die feuchten Breiumschläge dienten nur, um den Prozeß zu be 
schleunigen, die harte Geschwulst rasch zu erweichen und die starke Eiteransamm 
lung schnell zu entfernen. Es ist daher meine feste Überzeugung, daß wenn 
ich bei diesem Zwischenfall gefehlt habe, dies nur durch zu strikte Befolgung 
Ihrer Kurverordnung geschehen ist, wie es denn überhaupt mein Unglück von 
jeher gewesen, daß ich die Verordnungen der Ärzte, namentlich der „Gift 
mischer" zu genau befolgt habe! Ich bin bis jetzt leider noch kein Naturarzt 
und kann daher weder wissen, noch schmecken, riechen, hören, sehen oder fühlen, 
ob es ein solcher gewöhnlicher, alberner Furunkel übel nimmt, wenn man ihn 
bei 10 —14°R. unter Null spazieren führt; Sie aber, der Sie nicht nur kein 
gewöhnlicher „Schuster-Doktor", sondern ein erfahrener und praktischer Naturarzt 
sind, Sie schreiben mir keine Silbe darüber, daß ich bei solchen Zwischenfällen 
das Zimmer hüten soll. Sie halten dies vielleicht für selbstverständlich, ich aber 
nicht, denn in Ihrer Kurverordnung bilden die Promenaden den wesentlichsten (?) 
Teil und wenn Sie mir also schreiben: in solchen Fällen muß man die Kur nicht 
unterbrechen, sondern eher verdoppeln, so könnte ich, wenn ich noch etwas dümmer 
wäre als ich es ohnehin bin — dies auch so auffassen, daß ich morgens um 9, 
mittags um 12 und abends um 5 Uhr nicht nur eine, sondern 2 Stunden 
promeniren solle und wenn es auch so kalt sei, daß das Quecksilber in den 
Thermo- und Barometern gefriert! — Dies ist der scheinbare Widerspruch, der
	        
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