Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

4 G 
denken nnd ohne sie die thatsächlichen Beobachtungen nicht deuten! Von diesen 
Formen sei es die chronisch-pneumonische, welche von der Nordseeluft 
am günstigsten beeinflußt werde, wenn nämlich die Pat. zeitig hinkommen 
und lange genug auf der Insel bleiben. Für die katarrhalische Form 
giebt Beneke dem Höhenklima den Vorzug. 
Zum Schluß fügt Verf. noch Folgendes bei: 
Über die Beziehung der bewegungslosen Kochschen Tuberkel-Bazillen zur 
Phthisis erlaube ich mir vorläufig kein Urteil. So überzeugend die Lehre des 
hochverdienten Forschers erscheint, ich habe nach in Marburg angestellten Be 
obachtungen einigen Grund an der Natur dieser Stäbchen aus Körnchenketten 
als kleinste Organismen zu zweifeln und dürften die Bazillen unsere bisherigen 
Anschauungen und Erfahrungen auf dem Gebiete der Phthisislehre kaum 
wesentlich umzugestalten berufen sein! 
Bei 3, arthritis deformans, chronischer Gelenkrheumatismus, sagt Verfasser, 
daß die Hauptquelle dieses Leidens in einer Anomalie des Nerven 
systemes liege und daß eine gleichzeitige Anomalie der Säftemischung (Kali 
mangel) zwar eine erhebliche Rolle bei dem Zustandekommen der Erscheinungen 
spiele, aber ohne jene Anomalie des Nervensystems doch niemals den Gelenk 
rheumatismus erzeuge. Worin aber diese Anomalie des Nervensystems liegt, 
vermag ich nicht anzugeben! Ihr Vorhandensein ist aber zweifellos! In hohem 
Grade erblich, befällt das Leiden im kindlichen Alter meistens schwächlich gebaute, 
sehr reizbare Naturen; im Entwickelungsalter giebt sehr rasches Wachsthum, Über 
anstrengung durch Schule und Schularbeit, heftige Erkältung, Onanie häufig die 
Veranlassung. Im späten Alter — sexuelle Exzesse, Erschöpfungen durch Wochen 
betten und Laktation, Erkältungen, auch heftige Gemütserschütterung. Bei jungen 
Männern bildet Onanie eine der vornehmsten Veranlassungen, dann Durch- 
nässung, Erkältungen, deprimirende Gemütsbewegungen, Überanstrengung im Beruf. 
Verf. sagt nun, daß warme Bäder — Wildbäder, an und für sich selten 
zu einem befriedigenden Resultat geführt, in Verbindung mit kühlen Douchen, 
Begießungen während des Bades mitunter Nutzen geleistet; von Dampfbädern, 
römisch-irischen seien ihm einige gerühmt, er feinte aber keinen Fall dadurch 
bewirkter Heilung; das jetzt so oft angewandte salieylsaure Natron sei fast 
ganz ohne Nutzen; mehr Erfolg sah er von Arsenik und Chinin; die renom- 
mirten Milchkuren haben ihm keinen Nutzen gewährt und die oft empfohlene 
stickstoffreiche Kost könne er selbst nur widerraten. Die Verzweiflung, welche 
dem Arzte dieser arthritis deformans gegenüber oft nahetritt, wird Jedem be 
kannt sein, der Gelegenheit hatte, zahlreiche Fälle zu beobachten. 
Im Kap. 4, ,,Einzelbeobachtungen" bet., teilt Verf. 40 ausführlich be 
schriebene Krankheitsgeschichten mit und das Resultat des Aufenthaltes in Nor 
derney in den Herbst- und Wintermonaten, während dessen außer täglichen Pro 
menaden im Freien — selten kühle Waschungen, nächtliche feuchte Umschläge und 
öfter Arzneien mit verordnet wurden. 
Im Kap. 5, „Schlußbemerkungen", sagt Vers., daß seine Beobachtungen hin 
reichen, um keinen Zweifel darüber bestehen zu lassen: ,,daß der Spätherbst 
und Winteraufenthalt auf den deutschen Nordseeinseln für viele Kranke in nutz 
bringendster Weise zu verwerten ist, und daß wir einem solchen Aufenthalt in 
der Reihe unserer Hülfs- und Heilmittel einen selbst hervorragenden Platz 
anzuweisen berechtigt sind". — Der Aufenthalt auf den Nordseeinseln wird um 
so wohlthuender werden, je mehr sich der Komfort der Wohnungen entwickelt und 
je mehr das Verständnis für die Bedürfnisse der Kranken bei den Hausbesitzern 
wächst. —
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.