Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Briefwechsel von und mit Men. 
Ungenannte Verehrerin und Leserin. Sie fragen um Rat wegen nicht 
zu bewältigender Beschwerden der Leber und Galle. Sie leben vegetarisch, höchstens 
Sonntags ein Schlegelchen vom Huhn, und trotz dieser Diät und Bewegung im Freien, 
wöchentlich einem Bad, täglich früh kalter Waschung, auch häufiger nächtlicher Leibbinde und 
manchmal feuchter Ganzpackung werden Die immer gelber und Ihr Schlaf ist sehr 
gestört durch empfindliches Grimmen unter der Haut, ganz besonders an den 
Armen. Woher kommt das? Jst's Galle im Blut oder Rost aus der Leber? Vor Allem 
raten Sie, wie ich mich verhalten soll, um ruhig s ch l a f e n zu können. Halten Sie 
Käst e u d amp fb äd er für zweckmäßig? Ich habe zwar oft Blutandrang nachdem 
Kopfe, müßte mir einen Kasten mit Dampfapparat erst anschaffen, da ich auf dem Laude 
lebe, was wohl kostspielig sein wird? Freunde raten mir zum Besuch von Karlsbad, 
welches mir aber zu teuer ist, da ich sehr unbemittelt bin! Also was soll ich thun? 
Zum Schluß bitte ich noch um Ihre Ansicht, ob Kastendampfbäder oder feuchte Ganzpak- 
kungen wirksamer gegen Leberleiden, resp. Gelbsucht sind? Einige Personen hier behaupten, 
daß Kastendampsbäder wirksamer sind und zwar stütze sich diese Behauptung auf Aussprüche 
des Herrn Baron v. B., der in geselligem und öffentlichem Verkehr häufig betont habe, 
daß n i ch t s b e s s e r als Kastendampfbäder gegen dergleichen Leiden und auch für alle 
Gesunde seien, weshalb er in seiner Wohnung sich einen Dampfkasten halte, in welchem 
die ganze Familie allwöchentlich ein-, auch zweimal dampfe. Andere behaupten wieder, 
daß feuchte Ganz- und Halbpackungen denselben günstigen Erfolg für Leber 
leiden und Gesundheit überhaupt haben! Wer hat Recht? Wir vertrauen mehr Ihrem 
Urteil und vielfachen Erfahrung und harren gespannt Ihrer Äußerung entgegen; möchte 
sie schon in Nr. 1 kommen ; es ist nämlich eine Wette über diesen heißen Streitpunkt ent 
standen. Wir Alle sprechen hiermit unser großes Bedauern aus, daß Sie für Ihren Mut, 
die Wahrheit zu sagen, wieder haben bluten müssen, denn wir wissen auch, daß, was Sie 
über Görbersdorf im ,,N.-A." gesagt haben, leider nur zu wahr ist! 
Antwort: Im September v. I. erhielt ich aus Böhmen ein Schreiben, worin eine 
Dame mir mitteilte, daß ihre 70 jährige Mutter seit 3 Monaten krank sei, zuerst 
waren es rheumatische Schmerzen, die ihren Körper hernahmen, dann bekam sie Wechsel- . 
fieber und endlich habe sich seit 14 Tagen die Gelbsucht eingestellt. „Meine Mutter ist 
seit 28 Jahren mit der Wasserkur vertraut und ohne gerade Vegetarianerin zu sein, den 
noch an eine einfache, naturgemäße Lebensweise gewöhnt: erst beim Wechselfieber wurde 
ein Arzt gerufen, der mäßig Chinin verschrieb und nun, d a G e l b s u ch t daist, will 
er sie nach Karlsbad schicken! Meine Mutter aber fühlt sich immer sehr matt und 
schwach und äußert sich dahin, daß sie lieber einer Kur unter Ihrer Leitung sich unter 
ziehen wolle, die mehr ihren Gewohnheiten entspreche, anstatt nach Karlsbad zu gehen. 
Können und wollen Sie nun diese Ihnen mit großem Vertrauen entgegenkommende Pa 
tientin annehmen und glauben Sie, dieselbe wiederherstellen zu können?" Meine Antwort 
lautete für die e r st e Frage bejahend und für die zweite ausweichend, da man 
bei so hohem Alter nicht wissen kann, was morsch an der Maschine ist und ihren Still 
stand im Handumdrehen herbeiführen muß.. Ende September führte mir nun die Dame 
ihre 70 jährige Mutter selbst zu, welche mir folgenden Bericht über ihren Zustand gab: 
„Zuerst bekam ich st a r k e s Grimmen in den Handtellern, dann die Arme ent 
lang und zuletzt an der Rumpfvorderseite und den Beinen, hierauf trat in Bälde Gelb 
sucht ein, die Sie jetzt noch an mir sehen, schlechter Geschmack mit Ekel 
vor allen Speisen, Appetitlosigkeit, Abweichen, Schlaflosig 
keit, Kraftlosigkeit in allen Gliedern, Abgeschlagenhe.it, gro 
ßer Durst hauptsächlich nach Säuerlichem". 
Meine Untersuchung ergab eine starke Anschwellung der Leber und Milz und 
Gelbsucht a m R u m p f, H a l s und beiden Armen, Kraftlosigkeit in 
allen Gliedern, so daß sie nur wenige Minuten weit gehen konnte re. 
Vor 8 Tagen schrieb mir unverhofft ihr Sohn aus dem Elsaß: 
„Vor 4 Wochen hat mir die gute Mutter geschrieben, daß ihre Genesung zwar lang 
sam vorwärts schreite, sie aber nun doch mit voller Beruhigung der Zukunft entgegensehe ; 
heute aber kommt uns ein Schreiben von ihr zu, in welchem sie uns anzeigt, nun 
vollkommen hergestellt zu sein und mit Ihrer Erlaubnis an die Abreise 
denken zu können! Sie haben uns damit, geehrter Herr, zu einem großen Danke ver 
pflichtet! Denn wenn auch die gute Mutter Ihnen mit vollem Vertrauen entgegenkam, 
so machte uns nichtsdestoweniger ihr Übel bei so vorgeschrittenem Alter 
sehr besorgt! Wenn daher die Besserung sehr langsam kam und lange auf sich 
warten ließ — Sie haben allen erschwerenden Umständen zum Trotz dennoch triumphirt!
	        
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