Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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bare Kopfleiden, das mir das Leben verleidet, erfolglos geblieben. 
Mein Arzt hier nennt das Leiden eine Neuralgie des nervus trigemimis, 
Professor Loebel in Wien stellte die Diagnose auf Diabetes Lnsixxitus, Pro 
fessor Bamberger ebendaselbst einfach auf Neuralgie und Professor Skoda auf 
Heinierania, komplizirt mit Rheumatismus der Schädeldecke. Soviel ich selbst 
darüber urteilen kann, halte ich die Diagnose des Prof. Skoda für die richtigste, 
aber leider waren die von diesem berühmten Arzte vorgeschlagenen Mittel bis 
heralle erfolglos (es befand sich darunter sogar tinetur Fowleri, die ich 
4 Wochen lang in gesteigerten Dosen nahm). Außer den verschiedenen medika 
mentösen Behandlungen brauchte ich noch vor 2 Jahren das Ostseebad Klampen 
borg bei Kopenhagen und in diesem Jahre das Nordseebad Norderney. Letzteres 
hat mir nur so lange gut gethan, so lange ich dort war; ich konnte dort essen 
und trinken, was ich wollte, ohne die geringsten Verdaunngsbeschwerden, ge 
schweige denn Diarrhöe zu bekommen und auch die nervösen Schmerzen int Kopfe 
traten dort seltener und schwächer auf. Seit meiner Rückkehr bin ich aber 
elender als je; durch die geringste Fußerkältung oder einen noch so kleinen 
Diätfehler stellt sich sofort wieder Diarrhöe ein und das nervöse Kopf- 
leiden tritt stärker auf als je! — Nachdem ich nun glaube, Ihnen meine 
Krankheitsgeschichte genügend ausführlich erzählt zu haben, erlaube ich mir noch, 
Ihnen einige Bemerkungen über die Art zumachen, in welcher sich das 
Kopfleiden äußert. Täglich fühle ich mich morgens nach dem Er 
wachen sehr matt, meist tritt eine förmliche Lethargie ein, die Augenlider 
scheinen mir aus Blei, Gedächtniskraft und Intelligenz scheinen völlig gelähmt, 
das Sprechen fällt mir schwer, die Kinnladen bewegen sich schwer und ich kann 
mich nur mit Anstrengung, oft nur durch Hilfe einer zweiten Person erheben. 
Dieser Zustand dauert gewöhnlich 2 bis 8 Stunden, während welcher ich der 
größten Ruhe bedarf; sobald ich mich demselben durch zu frühes Aufstehen oder 
durch drastische Mittel, wie ein kaltes Bad, kaltes Duschen re. zu entreißen suche, 
muß ich es meist nach wenigen Stunden durch einen furchtbaren Migräne- 
Anfall büßen. Mein Arzt nennt diesen mir höchst peinlichen Zustand 
infolgedessen eine nicht zum Ausbruch gekommene Neuralgie. Die schmerz 
haften Anfälle sind verschiedener Art, von verschiedener Intensität und von ver 
schiedener Dauer. Bald fängt es an, mich auf der linken, bald auf der rechten 
Gesichtsseite zu reißen und geht der Schmerz dann anscheinend vom 
Oberkiefer oder den Zähnen aus (ich habe aber keinen einzigen 
schlechten Zahn im Mund!) und pflanzt sich nach dem Ohre oder der Schläfe 
fort; bald konzentrirt er sich auf der Schädeldecke, am Scheitel. Meist 
fängt der Schmerz gelinde an, steigert sich allmählich und hört ebenso langsam 
wieder auf und dauert dies manchmal nur einige Stunden, bei stärkeren Anfällen 
aber auch — 2 b i s 5 Tage! Der Schmerz selbst ist ein kontinuirlicher, 
dem heftigen Zahnschmerz ähnlich und bei jedem Pulsschlage empfinde ich außer 
dem an den befallenen Stellen besonders schmerzhafte Stiche; es ist also gleichsam 
ein pulsirender Schmerz. Am heftigsten sind die starken Anfälle am 
Scheitel; ich bekomme dann bei jedem Pulsschlage förmlicheGehirnschläge 
und glaube, jeden Augenblick den Schmerzen erliegen zu müssen! In solchen 
Fällen muß ich mit Hilfe eines Arztes zu einer Morphiumeinspritzung 
oder einer starken Dosis Chinin mit Coffein greifen! Bei gelinden Anfällen 
wende ich keine Medikamente an, sondern verhalte mich nur möglichst ruhig und 
erwärme die leidenden Teile durch wollene Tücher. Überhaupt thut mir Wärme 
vor Allem noch am besten; so vertrage ich lauwarme Bäder von -f- 28° E. 
sehr gut, während ich das kalte Baden und Duschen ganz habe aufgeben müssen.
	        
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