Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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wundkranken Tieren mit den Ausscheidungen kranker Menschen angestellt, em 
pfehle ich die Lektüre des von Dr. H. Büchner, Privat-Dozenten der Hy 
gieine, im Münchner ärztlichen Vereine gehaltenen Vortrages: „ Ü b e r d i e 
Bedingungen des Übergangs von Pilzen in, die Luft und 
über die Einatmnng derselben" (vide: „Zur Ätiologie der In 
fektionskrankheiten mit besonderer Berücksichtigung der Pilztheorie". 2. Hälfte. 
München 1881). Büchner benetzte mit dem sporenhaltigen Bodensätze einer 
Reinkultur des Milzbrandpilzes Holzkohlenpulver, ließ dies wieder trocknen und 
zerrieb es zu einem feinen Mehle, das er in einem eigens dazu höchst sinnreich 
konstruirten Apparate zerstäubte, in welchen gesunde, weiße Mäuse gesetzt 
wurden. In allen von ihm vorgenommenen Versuchen, bei denen diese Tier 
chen eine halbe bis zwei Stunden lang die pilzhaltige Luft einatmeten, in- 
fizirten sich ohne Ausnahme alle Mäuse und starben nach 
18 Stunden bis 3 Tagen an typischem Milzbrand ganz ebenso, 
wie jene, denen Büchner derartige Sporen einimpfte oder in großen Mengen 
mit dem Futter beibrachte. 
Zum besseren Verständnis dieser Experimente sei folgendes bemerkt: 
Der Milzbrandpilz, von Cohn Daeillus arcküraois genannt und zu 
den Faden-Bakterien gezählt, wird von den Mykblogen am häufigsten 
zu solchen Versuchen verwendet, weil seine Form ganz charakteristisch und seine 
Entwickelungsgeschichte am Besten erforscht ist und weil er schon lange 
mit unumstößlicher Sicherheit als einzige, ausschließliche 
Ursache des ganz leicht zu diagnostizirenden ^ntlrrax 
(Milzbrand) erkannt wurde. Er erscheint unter dem Mikroskope bei 
mindestens 600facher Linearvergrößerung als gerade oder wenig gebogene, oder 
stumpfwinkelig eingeknickte, kurzgegliederte, cylinderische, färb- und bewegungs 
lose Stäbchen von 0,007 bis 0,012 Millimeter Länge und kaum meßbarer 
Dicke und findet sich myriadenweise (6-8 Millionen in einem Blutstropfen !) 
bei jedem milzbrandkranken Tiere in den Gewebssäften, dem Blute und ganz 
besonders in der Milz. Wenn früher der oder jener Forscher einmal behauptet 
hat, diese Mikroorganismen seien nicht in jedem Falle zu sehen, so lassen sich 
diese Angaben mit allerBestimmtheit auf Unzulänglichkeit der benutzten 
Instrumente (zu geringe Lichtstärke und Definitionskraft der Mikroskope) oder 
auf Untersuchungsfehler zurückführen. Ich habe in den letzten 5 Jahren einige 
zwanzig Male seröse Flüssigkeiten, Blut, Lunge, Leber und Milz von milz 
brandigen Rindern und Mäusen explorirt und die Parasiten st e t s sofort auf 
gefunden und mache mich anheischig, sie Jedem zu zeigen, der mir frisches 
Anthrax-Material bringt. Die Milzbrand-Bazillen vermehren sich, so lange 
ihnen die nötige Wärme und Nahrung zu teil wird, durch 
Spaltung (daher der Name Spaltpilze oder Schizomyceten) in fabelhaften 
Progressionen; gehen indes im Tierleichname infolge der die Fäulnis erzeugen 
den Bakterien (Bacterium termo re.) rasch zu Grunde, sowie auch durch Ein 
trocknung, durch höhere Temperaturen (über -j- 55° 0.) und durch die ge 
wöhnlich zur Desinfektion gebrauchten Mittel. Hört in Flüssigkeiten, in welchen 
der Bacillus anthracis vegetirt, die Nahrung für ihn auf oder findet Zutritt 
von freiem Sauerstoff der Luft statt, so bilden sich in den Stäbchen eirunde 
glänzende Sporen (Samen) von ca. 1 I 1000 Millimeter Durchmesser, denen eine, 
im Reiche des Organischen einzig dastehende Lebenszähigkeit innewohnt. Weder 
extreme Hitze oder Kälte, Trockenheit oder Feuchtigkeit, noch Alkohol, Chlorzink, 
Salicyl- oder irgend eine Mineralsäure vermag sie zu töten; nur durch 
24stündiges Liegenlassen in starken Lösungen von Carbolsäure, Osmiumsäure,
	        
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