Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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zuhalten, unter welchen der Stoffwechsel in gesunden Tagen vor sich zu 
gehen pflegt, sondern dieser ganze Prozeß der Verbrennung, auf dem unser 
Stoffwechsel beruht, nunmehr rascher vor sich geht und je rascher es ge 
schieht, desto verderblicher dieser Prozeß für den Organismus wird. Daher 
kann man wohl nicht annehme», daß eine weise Einrichtung der Natur das 
Fieber als eine besondere H c i l v o r r i ch t u n g im Körper vorgesehen haben 
sollte, durch welche vor Entdeckung der Wasserbehandlung sich selbst über 
lassen oder bei medizinischer Behandlung circa 20—30 Prozent mehr Menschen 
daran jährlich gestorben sind, als gegenwärtig! 
Daraus kann sich nun aber jeder die Lehre ziehen: daß er durch einegc- 
regelte und richtige Lebensweise in gesunden Tagen ein starkes 
Nervensystem sich zu verschaffen hot, welches nicht so leicht eine Schlappe be 
kommt, wodurch Fieber entsteht, d. h. daß sein Organismus eine zufällige 
schädliche Einwirkung leichter überwindet und nicht gleich der Regulator 
seines Stoffwechsels schwach wird, vom Bocke herabfällt und nun seine 
chcmischeu Rosse durchgehen, erst im Trab. dann im Galopp rc. Also fort 
mit dem Heilwahn des Fiebers, welcher namentlich auch bei Auslegung der 
S ch r o t h'schcn Heilmethode stark spuckt, wo nach jedem Sauftag ein prächtiges 
Fieberchen auftritt, d. h. eine alkoholische Schwächung des Ner 
vensystems entsteht, welcher dann sofort spekulativcrweise der Charakter 
eines Heilfaktors zugeschrieben wird! Purer Schwindel! 
Warum ich Vegetarier geworden bin? 
Eine Leidensgeschichte von Fr. Steckelberg in Hannover. 
Seit der Geburt war ich mit einem Doppelfehler — Phimosis* und Hypo- 
spadiasie — behaftet, welcher zu Harnverhaltung führte, deretwegen drei Ärzte kon- 
sultirt wurden, von denen aber keiner durch eine geringfügige Operation die 
Ursache beseitigte. So entstanden daraus noch andere organische Selben:, in 
deren Folge ich bis heute nur wenige Tage zu verzeichnen habe, an denen ich 
ohne Schmerzen meinen Verrichtungen nachgehen konnte. Schon als Knabe 
mußte ich, der fürchterlichsten Kopfschmerzen halber, gar häufig die Schule 
während der Unterrichtsstunden verlassen und das Bett aussuchen. Vom 14. 
bis zum 20. Jahre litt ich verhältnismäßig weniger, welches nach meinem 
Dafürhalten seinen Grund darin haben dürfte, daß ich der Schule entwachsen 
war und fast immer nach Bedürfnis uriniren konnte. Während der Schuljahre 
war das nur zu oft unterblieben, indem ich, der oben erwähnten Fehler wegen, 
häufig noch mcht einmal damit beginnen konnte, wenn die Kameraden längst 
fertig waren; im günstigsten Falle nur einige Tropfen los geworden war, und 
zwar unter heftigen Schmerzen im Unterleibe. So ging ich denn wieder ins 
Schnlzimmer zurück, den Angstschweiß auf der Stirn und die Schmerzen nieder 
drückend, wartend, bis die Unterrichtsstunden beendet waren, um von Neuem 
mit der alten Qual zu beginnen. 
Wie ich schon erwähnt, änderte sich die Lage, als ich konfirmirt war und 
den Eltern beim Ackerbau Hilfe leistete. Ich brauchte, teils der Zeit, teils 
falscher Scham halber, mich nicht Stunden und halbe Tage lang mit dem Zw 
* küiin08i8 — der Zustand, wo die Vorhaut nicht über die Eichel zurückgeschoben werden 
kann ; Hypospadiasie == Bildungsfehler der Harnröhre, wobei diese ihre Öffnung nicht an 
der Spitze der Eichel, sondern an der Wurzel des Gliedes hat.
	        
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