Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Referent in der Petitions-Kommission hervorhob, und 2. weil die Zwangs 
impfung , so sehr ihr jetzt das Publikum widerstrebt, in Zeiten einer Epidemie 
vielen Tausenden die Beruhigung gewähren würde, geimpft, also geschützt 
zu sein gegen die Gefahr der Ansteckung. Dieses Bewußtsein vermindert 
die Furcht, unv die Furcht ist ein sehr wichtiger unv mächtiger Faktor, um 
die Disposition im Menschen zur Ansteckung zu erhöhen." Darauf wird dem 
Böingschen Buche, dessen Sinn der ist, daß der von den Jmpfvertheidigern 
aufgestellten Statistik, aus der die Zweckmäßigkeit der Zwangs-Impfung folgen 
soll, eine ebenso wertvolle und beachtenswerte, von den Jmpfgegnern ge 
schaffene Statistik gegenübersteht, aus welcher das Gegenteil gefolgert 
werden muß und die jene frühere Statistik aufhebt, das umfassendste Lob er 
teilt und hervorgehoben, daß der Verfasser auf Grund seiner Studien die 
Zwangs-Impfung verwirft und die. angeblichen günstigen 
Resultate der Impfung aus anderen Ursachen zu erklären sucht. Nichtsdesto 
weniger schließt Dr. W x., „darf man voraussagen, daß es wenig oder den 
nicht vom Verfasser gewünschten Eindruck auf diejenigen machen wird, welcke 
das Jmpfgesctz geschaffen und vertheidigt haben und weiter vertheidigen," und 
Referent fügt hinzu: „cs ist gut, daß wir die Wirkungen dieses Gesetzes noch 
ein Dezennium hindurch ernstlich beobachten". Quid amplius? Nun wir 
glauben, das 8a.pisuti sät fände hier unumschränkte Anwendung. Spricht doch 
die Logik des Referenten genugsam für sich, namentlich in dem Punkte, daß 
diejenigen, welche unter normalen Verhältnissen der Impfung so sehr wider 
streben, im Falle einer Epidemie aus der Thatsache, geimpft zu sein, wenn 
auch mit Zwang und Widerwillen, den hohen Trost ziehen werden, im 
bestehenden kritischen oasu vor Ansteckung sicher zu sein, und scheint es nicht, 
als hielte der weise Mediziner das ganze Laienpublikum für noch blöder, 
als eine Heerde Schafe! Aber schweigen wir von der Logik, denn sie 
ist bekanntermaßen nicht die starke Seite der Medizin und ihrer Vertreter, 
und betrachten wir das unglaublich naive Geständnis, Referent sei für die 
Zwangs-Impfung, weil nur auf Grund derselben das nötige Material zur 
Entscheidung der Frage gewonnen werden könne, ob die Impfung an 
sich notwendig resp. zweckmäßig, schädlich oder von Nutzen sei! 
Wir fragen, ob düse Anschauung, welche den Staat zu einem einzigen großen 
Vivisectorium macht, die Gesamtheit der Einwohner mit der staatsbürgerlichen 
Beipflichtung belegt, sich zu Versuchstieren zwecks Erprobung der 
vagesten und sonderbarsten Theorien lind Hypothesen, welche die orthodoxe 
Medizin auszuhecken bliebt, verbrauchen zu lassen, in höherem Grade 
Ausfluß der Beschränktheit oder der gewissenlosesten Ü b e r - 
Hebung ist? Mögen die geneigten Leser des „N.-A." darüber entscheiden! 
Nachwort der Redaktion. 
Bcz. der angesiihrten Schrift des Dr. Bönig sei nur noch bemerkt, daß aus derselben 
deutlich hervorgeht, daß ihr Vcrsasscr aus einem Saulus ein Paulus contra Im 
pfung geworden ist und an der Hand seiner Untersuchungen zu dem Schlüsse kommt, 
daß die M ö g I i ch k e i t einer Schutzwirkung der Impfung theoretisch nicht geleugnet werden 
könne, daß indessen die Dauer des Jmpsschutzes nicht nur im Voraus ganz unbestimmbar, 
sondern eisohrungsmäßig in sehr vielen.Fällen eine so kurze sei, daß die bisherige Aus 
führung des RcichsimpfgcsetzeS einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor dem 
Erkranken ausschließe! Der Genannte geht soweit, zu behaupten, die Motive, welche 
zur Einführung der Zwartgsimpfung geführt haben, sämtlich als unhaltbar zu be 
zeichnen und die P r i o r i t ä t i m E r k r a n k e n an den Pocken den Geimpften 
zuzuschieben. Er plädirt ans diesen Gründen dafür, daß das Zwangsimpsgesetz aufge 
hoben werde und will nur die fakultative Impfung gestatten, demnach ist die beliebte 
lächerliche Phrase: „die nicht geimpften Kinder seien eine Gefahr für die geimpften"
	        
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