Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

1 Glas Buttermilch und 1—2 altbackene Semmel frühstücken, dann in's Ge 
schäft, wenn cs die Kräfte und Schmerzen erlauben, um 11 Uhr wieder 1 Glas 
Wasser trinken und von 12—1 Uhr eine längere Promenade vor Tische 
machen mit öfterem Tiefakhmen; (2—3 mal in der Woche vorher ein kühles 
Halbbad nehmen), Mittagcsscnmcnu: 1 Teller Reis, Gries, Graupen, dick in 
Wasser gekocht, etwas Compot und Semmel zum Nachtisch; wenn etwas ge 
ruht, in's Geschäft; um 5 Uhr wieder 1 Glas Wasser trinken und um 6 Uhr 
abermals eine längere Promenade antreten bis zum Abendbrode, welches nur 
aus frischem Obst und 1—2 Semmeln oder Schrotbrvd ohne Butter bestehen 
darf; um 9 Uhr wieder ein Sitzbad von 20—30 Min. Dauer mit Frottirung, 
dann feuchtkalten Leibumschlag anlegen, 1 Fenster öffnen und in's Bett liegen. 
Am 23. October kehrte ich von meiner Rheinreise zurück und am 25. be 
suchte mich schon ein Freund dieses Patienten, um anzufragen, ob ich wieder 
zurück und bereit sei, denselben in weitere Behandlung zu nehmen. Auf meine 
Frage: ob Patient denn noch lebe und wie es ihm seither gegangen? — er 
hielt ich zur Antwort: allerdings lebt Herr M. noch und es geht ihm auch so 
leidlich, denn Ihre Verordnung hat eine gute Wirkung gehabt und läßt er 
nun durch mich anfragen, wann er zur weiteren Behandlung nach Dresden 
kommen dürfe, denn er habe jetzt große Hoffnung, daß ihm auf diese Weise 
wohl noch auf einige Jahre das Leben erhalten und leidliches Wohlbefinden 
verschafft werden könnten. Darauf ließ ich Herrn M. ausrichten, er könne 
vom 1. November an jeden Tag einrücken, da ich bis dahin bereits ein möblirtcs 
Zimmer für ihn gemiethet habe. Am 1. November kam derselbe in der That 
und am 2. begann die Kur, welche ich vorläufig in feuchter Ganzpackung in 
der Früh, Dauer ca. 2. Stunden, mit darauffolgender Abwaschung, Nach 
mittags Halbbad und Abends feuchte Leibbinde über Nacht bestehen ließ; dabei 
schickte ich ihn täglich 4 mal an die Luft, wobei er 1 Glas Wasser zu trinken 
hatte, hieß ihn Nachts auch 1 Fensterflügel offen stehen lassen, gab ihm zum 
Frühstück 1 Glas frische Milch mit Schrotbwd, Mittags in Wasser dick ge 
kochtes trockncs Gemüse — Reis, Gries und Compot, Abends rohe Aepfcl 
und Schrotbrod ohne Butter re. Beim ersten Bad wurde er nackt gewogen 
und um den Leib gemessen. 
Nach 8 Tagen nahm ich ihn Vormittags noch in gymnastische Behandlung 
mit theils passiven, theils duplicirten Bewegungen, wie sie für solche Fälle die 
schwedische Heilgymnastik vorschreibt und am dritten Sonnabend mußte ich er 
leben, daß ich bei meinem Frühbesuche den Vogel ausgeflogen fand; Patient 
war nämlich Abends vorher auf der Bahn nach Hause gefahren, um am Sonn 
abend auf seinem Posten im Geschäfte zu sein, wo es an diesem Tage immer 
sehr viel zu thun gebe; am andern Morgen traf ich ihn wieder im Packe an 
und frug ihn, was das zu bedeuten habe, daß er Tags zuvor ansgerissen sei? 
Darauf antwortete er: ich solle es ihm nicht übel nehmen, daß er mir vorher 
Nichts davon gesagt, allein cs sei ihm der Gedanke nur so geschwind gekommen 
— fahre heute nach Hause lind stelle morgen am Hauptschanztag deinen Mann 
im Geschäfte und kehre Abends wieder zurück, zur Probe, was dir die Kur bis 
jetzt genutzt hat; und dieser Versuch sei ihm nicht schlecht bekommen, er habe 
gefühlt, daß sein Körper schon wieder leistungsfähiger sei; er habe sich nun die 
Sache weiter überlegt und sei zu dem Entschluß gekommen: nach Ablauf des 
Monats wieder nach Hause zu reisen, seinen Posten im Geschäfte anzutreten, wo 
es gerade im Dezember und Januar am meisten zu thun gebe, und nebenher 
seinen Körper zu behandeln, wie ich ihm angebe und dann aufs Frühjahr wieder 
zukommen, um die Kur ernstlich ein paar Monate durchzuführen und das Uebel
	        
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