Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

deutscher grauen und Mütter an den hohen deutschen Reichstag 
um 
Aufhebung des Impfzwanges. 
Wir unterzeichnete deutsche Frauen und Mütter richten, als die natürlichen Anwälte 
der kleinen Kinder, an den hohen deutschen Reichstag die folgende Bitte: 
I. es möge der hohe Reichstag die von dem Reichsgesnndheitsamte in Aussicht ge 
stellte sogen. Reform des Impfzwangwesens, nämlich die Einführung des Zwangs- 
impfens direct von Kuh und Kalb, an Stelle des bisherigen Impfens von Arm 
zn Arm, unter allen Umständen von den wahrhaftig ganz pockennnschnldigen 
Säuglingen abwenden; 
II. es möge dem Reichstage gefallen, — in Erwägung der in Nachfolgendem ent 
wickelten Gründe nebst Belägen das Reichsimpfgesetz vom 8. April 1874 
aufzuheben, und er möge 
III. an Stelle des Impfzwanges — nach Vorgang der neuen deutschen Viehseuchen- 
ordnnng gegen das Impfen der Schafe — , ein strenges Verbot jegli 
chen Impfe ns zum Gesetz machen. 
ll ufere G r ü u d e: 
1, G r n n d: Tie Annahme, auf welcher das Impfgesetz fußt, als ob in den Pocken- 
senchejahren 1869/73 die Säuglinge durch ihr Nngeimpftsein das ganze Pockenelend verschuldet 
und die Pocken unter die geimpften Erwachsenen verbreitet hätten, ist eine aus der Luft 
gegriffene Verlüumdung, die selbst des Scheinbeweises ermangelt. Diese Beschuldigung finkt ihres 
Gleichen nur in der Fabel von dem Wolf, welcher das am Bache unter ihm stehende Lamm be 
schuldigt, ihm den Bach getrübt zu haben. 
Wir haben uns nämlich aus amtlichen Orts er kr a n kn n g$ listen von 1870/71, in 
welchen j ed er an Pocken Erkrankte — auch tnenu sein Kranksein nicht mit dem Tode geendet 
hatte —, mit Namen u nd Datum eingetragen steht, belehren lassen, daß uidjt int geimpfte 
Säuglinge, sondern fast ausnahmslos geimpfte und revaccinirte Erwachsene es waren, 
welche die Pockenseuche eröffneten, daß dagegen gerade die un ge impften Säuglinge meist erst in 
zwanzigster oder hundertster Reihe, und auch dann noch in absoluter und relativer Minderzahl 
die Pocken bekamen — daß also, laut der E rk r a n k u n g s statistik, wunderbarer Weise gerade 
die ungeimpften Kindchen, der Impfschutztheorie zum Trotz, von den Pocken verschont blieben. Anlage A.: 
Diese Thatsache, daß gerade die Altersklasse des „präsumtiven Ungeimpftseins", 0—1 ^A^der^An- 
Jahr, stets auffallend von dem Erkranken an Pocken verschont blieb, war s. Z. bei der Vorlage des -k 
Reichsimpfgesetz dadurch verdunkelt und fälschlich in ihr Gegentheil verkehrt ivorden, daß man amt-Anlage 6.: 
licherseits — bei der höheren Orts herrschenden Vorliebe für das Impfschutzdogma — nicht die „«Mb ich 
Erkrankungen zählte, nicht die Erkranknngsproeente, noch weniger, unter Berücksichti-habe^pfmÄ- 
gung der Altersklassen, die Reihenfolge des Erkrankens auf Priorität des Krantwerdcko js. .§« «. ff- 
stisch notiren ließ, sondern daß man besten Falles nur das Sterbeprocent der an Pocken Erkrankten, 
ohne Unterscheidung der Altersklassen und deren Normalsterblichkeit, in Anschlag brachte, 
— ein Verfahren, von welchem es heute bei allen Statistikern von Fach feststeht, daß es zu den 
größten ^Absurditäten und unter allen Umständen zu Trugschlüssen über den Impfschutz führen 
mußte und wirklich geführt hat. Kurz heute gibt es Tn der ganzen Medizinerwelt leine einzige 
Autorität mehr, welche, nach Einblick in das streng wissenschaftliche impfgegnerische Beweismaterial, 
gegen die so schmählich als Pockenattentäter hingestellten Kindchen noch länger die Beschuldigung, 
das Volk im Jahre 1870 mit Pockengift durchgiftet zu haben, aufrecht hielte. 
Uns aber und Allen, denen ein Einblick in die revid irte Statistik der Pocken e r - 
krankungen vergönnt war, muß der alte Glaubenssatz, die ungeimpften Säuglinge hätten 
die Pockensenche verschuldet und verdienten dafür eine Züchtigung in dem Ausnahme-Strafgesetz des 
Kleinkinder-Impfzwanges , als eine Hypothese erscheinen, über deren Kühnheit und Widersinnigkeit 
die Welt nur darum nicht staunt und entrüstet ist, weil wir das von anno 1600 (!) uns ^überlie 
ferte gruselige Märchen von der Impfschutzzauberei von unseren Kinderjahren an zu hören ge 
wohnt sind. — (Bergt. Anlage A. und B.) 
2. G rund: Wir Frauen haben uns ferner belehren lassen, daß von Alterszeit her 
bei allen Thierärzten und Landwirthen die „genuine" KühPockenkrankheit, aus deren Pusteln die 
Säuglinge nunmehr geimpft werden sollen, als eine specifische Erkrankung der milchgeben- 
den Organe-, als eine Euterkrankheit gegolten hat und noch heute gilt. Die Knhpockenlymphe
	        
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