Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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getrieben, so gleicht die Oberfläche der darin enthaltenen Blutkörperchen einer 
Quadratebene von 87 Quadratmeter oder 13 Schritt Scitcnläugc; diesen cr- 
staunlichen Größen entspricht die Ausdehnung der Lvngenoberflächc; Huschle 
berechnet die Zahl der Lungenbläschen auf 1800 Millionen.*) 
Was ist nun zunächst die Wirkung der Aufnahme von Sauerstoff in die 
Lungen? Antwort: Unsere E i g c n w ä r m e. Die Wechselwirkung 
der Bestandtheile der Speisen und Getränke und des cingeathmeten und durch 
die Blutcirculation im Körper verbreiteten Sauerstoffes ist in der That die 
Quelle u n s e r e r E i g c n w ä r m e (37—38« 6.) Alle lebende Wesen, deren 
Existenz auf einer Einathmung von Sauerstoff beruht, besitzen eine von ihrer 
Umgebung unabhängige Wärmequelle; aber nur in den Theilen, zu 
welchen arterielles Blut und durch dieses der beim Athmen aufgenommene 
Sauerstoff gelangt, wird Wärme erzeugt. Nach physiologischen Versuchen soll 
ein erwachsener Mensch in einem Jahre 700—800 Pfund Sauerstoffgas aus 
der Atmosphäre in seinen Körper aufnehmen und dennoch findet man sein Ge 
wicht zu Anfang und zu Ende des Jahres entweder ganz unverändert 
oder die Ab- und Zunahme bewegt sich nur um wenige Pfunde! Wo ist nun 
dieses enorme Gewicht an Sauerstoff hingekommen? Diese Frage ist jetzt mit 
befriedigender Sicherheit gelöst: kein Theil des aufgenommenen Sauerstoffes 
bleibt permanent im Körper, sondern tritt früher oder später in der Form 
einer Kohlen st off- oder Wasserstoffverbindung wieder aus. 
Der Kohlenstoff und der Wasserstoff gewisser Bestandtheile des Körpers haben sich 
mit dem durch die Lungen (auch Haut) aufgenommenen Sauerstoff verbunden 
und sind als Kohlensäure und Wasser oder Wasserdampf wieder ausgetreten. 
Mit jedem Athemzug trennen sich vom Menschenorganismus gewisse Mengen 
seiner Bestandtheile, nachdem sie mit dem Sauerstoff der eingeathmeten atmo 
sphärischen Luft eine Verbindung in demselben eingegangen sind. Daher ist nun 
auch die aus ge athmete Lust in ihrer Zusammensetzung sehr verschieden 
von der atmosphärischen; man hat gefunden, daß 100 Volumtheile derselben 
5 Volum Kohlensäure und nur 15—16 Volum Sauerstoff enthalten. 
Der Sauerstoffgehalt der atmosphärischen Luft wird namentlich bei Be 
rührung mit dem Blute in den Lungen um 1 / i — l /r> vermindert; der Kohlen 
säuregehalt aber über 100mal größer. 
Wo ist nun eigentlich der Herd unserer Wärmeentwicklung? Durchaus 
nicht in den Lungen allein, wie man früher annahm, sondern im Capillargefäßnetz 
aller Organe, wo nur arterielles Blut und in ihm der Sauerstoff hin 
gelangt; im Gewebe der Organe selbst geht der Stoffwechsel vor sich, und da, 
wo der Sitz der chemischen Prozesse ist, ist auch der Herd der Wärmeentwick 
lung zu suchen; cs ist also ohne Zweifel der Ernährungsprozeß der Organe 
die Quelle der menschlichen Wärme und falsch, wenn man sich die Wärme des 
Körpers als von einem Punkte ausgehend denken wollte, da vielmehr seine 
Temperatur das Resultat aller jener kleinen Wärmemengen ist, welche in 
jedem Momente an und in allen Theilen des Körpers erzeugt werden. — 
I. v. Liebig hat zwar gesagt: 
„Um einen trivialen, aber deswegen nicht minder richtigen Vergleich anzu 
wenden, verhält sich der Thierkörper wie ein Ofen, den wir mit Brenn 
material versehen. Gleichgiltig, welche Formen die Speisen nach und nach 
im Körper annehmen, welche Veränderungen sie auch erleiden mögen, die letzte 
*) Oben habe ich 600 Mill. nach andern Forschern angegeben; überhaupt finde ich 
in verschiedenen Werken von Anatomen, Physiologen rc. meist diffcrirendc Angaben, woraus 
man aus die Schwierigkeiten solcher Messungen und Abschätzungen schließen muß! D. R.
	        
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