Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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an den Tag getreten und als solche erkannt worden sein (so? Verfasser weiß 
also gar Nichts von den vielen Erkrankungsfällen, sogar Todes 
fällen nach Genuß von krankem Fleische, die uns die Tagesblätter 
häufig berichten?!) Uebrigens sei der Vegetarianismus keine neue 
Idee, da die Bibel ja in ihren Mythen erzähle, daß von der Schöpfung 
bis zur Sintfluth den Menschen nur Pflanzenkost gestattet war, Was 
die praktische Erfahrung anbelange, daß sich viele Vegetarianer wohl u»d 
gesund fühlen, so zweifle er nicht daran, aber so lange eine Piste Derer 
fehle, die sich bei alleiniger Pflanzenkost nicht wohl und ge.sund gefühlt, 
und deshalb (ä la Rikli) das Prinzip wieder an den Nagel gehängt, so 
könne man aus den Zahlen der Getreuen keinen Schluß für die All 
gemeinheit ziehen! Die Thatsache bezweifle er nicht, daß, wer recht 
tapfer Milch, Eier, Butter und Käse im Vegetarianismus vertilge, sehr 
wohl bei nebenher verzehrter P f l a n z e n k o st leiblich gedeihen könne; 
er wisse aber auch, daß Jeder, der diese Erzeugnisse der Thierwelt n u r 
spärlich genieße, seinen Magen mit ganz gewaltigen Massen von Pflanzen 
kost belasten (?) müsse, um seinen Muskeln den nöthigen Stoff thierischer 
Substanz zu ersetzen. Die Lebensdauer in civilisirten Staaten, wo viel 
Fleisch genossen werde, sei durchschnittlich größer, als in unkultivirten 
Ländern, wo die Pflanzenkost vorwalte — was bekanntlich nicht wahr ist, 
denn aus Rußland, Schweden, Arabien rc. kommen uns oft Berichte von 
Personen zu, die in hohem Alter (über 100 Jahre) gestorben sind und in 
ihrem Leben sehr wenigFleisch zu essen bekamen! ; Ich will mich nicht 
weiter damit aufhalten. Alles noch anzuführen, was Verfasser Irriges zum 
Vortheil der gemischten Lebensweise anführt, sondern nur noch hinzufügen, 
daß ich nicht daran zweifle, daß der akademische vegetarianische Verein sicher 
lich aus Mangel an Mitgliedern nicht sobald wieder eingehen dürfte, da 
auch bei ihnen sich bewähren und zur Nachahmung Anderer anregen wird, was 
Daniel im 1. Kap. von den vegetarianisch lebenden 4 Judenknaben am Hofe 
des Nebukadnezar erzählt, nämlich: daß dieselben nach 3 Jahren Viel gesunder, 
froher, verständiger und schöner geworden, als ihre von des Königs ge 
mischter Tafel gefütterte Kameraden! — Und wie wohl wird es dem 
Geldbeutel der weniger bemittelten Eltern dieser akademischen Vegetarianer 
thun, wenn ihre Herren Söhne statt Abend für Abend in den rauchgefüllten 
Kneipen herumzulungern und viel Geld für Bier, Tabak, Braten und beim 
Kartenspiel sitzen zu lassen, brav zu Hause studiren oder dann und wann einen 
edleren Sinnesgenuß aufsuchen? Diese rohe Bruder Studio Sauf- und 
Paukherrlichkeit paßt überhaupt nicht mehr in die jetzige Zeit und wird 
auf dem Wege vegetariauischer Lebensweise am leichtesten zu Grabe getragen 
werden! 
In Wien existirt seit ein paar Jahren auch ein Vegetarianer-Club mit 
Speise- und Vortrags Halle: III. Heumarkt 5, aber nicht von Akade 
mikern allein gegründet, sondern von einer kleinen Anzahl von Privatpersonen 
für das allgemeine gemischte Publikum, welcher aber leider noch kein rechtes 
Gedeihen aufweist; wenn sich aber Professor Hyrtl an die Spitze stellen 
wollte, dann würde er wohl bald nach Tausenden zählen!
	        
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