Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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Comsponden? mit Meit und für Alle. 
An Herrn Sanitätsrath und Arzt des „Vereins für volksverständliche Gesundheits 
pflege" Dr. Paul Niemeyer in Berlin. Sie senden mir den Umschlag zum 11. Heft 
Ihrer „Sprechstunden", wo ich unter ..Brieskasten" folgende Notiz finde: C. M. D r e s d e n. 
Dle kleinen Nörgeleien, mit denen sich der große „N aturarzr" G. W., wie es scheint, 
mir bemerklich zu machen sucht, erregen, soweit sie mir der Zufall (?) zu Gesicht fuhrt, 
stets meine volle Heiterkeit. Im Uebrigen kann ich mich nicht damit aufhalten. sondern 
nur bemerken: „E s muß auch solche Käuze geben!" -- Darauf giebt Ihnen nun 
dieser Kauz folgende Antwort: Zählt zu diesen kleinen Nörgeleien auch die lobende Be 
sprechung Ihrer verschiedenen Schriften in meiner literarischen Beilage, welche 
Ihnen jedesmal zugesandt habe? Es scheint nicht, denn diese konnte Ihnen nur 
angenehm sein, weil sie auf den Absatz derselben eingewirkt hat! Also darf ich diese Be 
zeichnung nur auf meinen Nachtrag S. 20 des lauf. Jahrg. beziehen, welchen ich am 
Schluffe Ihres dort mitgetheilten Aufsatzes „Dichtung und W a h r h e i t" gebracht 
habe und worin ich meinen Lesern offenbare: daß Sie sich als Repräsentant einer 
n e u e st e n hygieinischen Schule geriren, der sich's nebenbei zur Aufgabe mache, 
nicht blos der U e b e r s ch ä tz u n g der veralteten Receptmedizin, sondern auch den A u s - 
ftfirc itungen und Fehlgriffen entgegen zu arbeiten, welche sich die gegenwärtige, 
unter dem Schutze der Gewerbefreiheit sreischaltende Sippe der sog. Natnrärzte 
zu Schulden kommen lasse! — Also das dort Gesagte scheint Ihren Bestall gesunden, Ihre 
Heiterkeit erregt zu haben, das freut mich! Erlauben Sie mir Ihnen biermit einen 
weiteren Beitrag zu Ihrer Erheiterung, welcher meinen Lesern zugleich zur Belehrung 
bienen soll, liefern zu dürfen. Er lautet: 
Am 27. Mai schrieb mir der Schwiegersohn eines Ihnen wohlbekannten 
Grossindustriellen: Mein Schwiegervater hat mich an Sie gewiesen und so 
bitte ich Sie, sobald es Ihnen irgend möglich ist, mich zu besuchen. Es handelt 
sich um meine Frau, welche vor 3 Wochen entbunden wurde und selbst stillt; 
die linke Brust ist derartig hartgeworden, dass ein Stillen an der 
selben . n i c h t mehr möglich, abgesehen von den furchtb aren 
SrC h m e r z e n , hat sich auch schon eine Absonderung von Eiter gezeigt, da 
bei ständige Verstopfung und sehr eingenommener Kopf. Nochmals bitte 
ich Sie, sobald es Ihnen möglich ist, zu kommen. Freiherr v. B—r. 
Andern Morgen früh fuhr ich nach E. und nahm — welche infame 
Nörgelei! — das Buch vom grossen Dr. Paul Niemeyer „Aerztlicher Rath- 
geber für Mütter“ mit, sowie ein Packet Briefe. Bei der Wöchnerin angekommen 
und nach mündlich eingeholtem weiterem Krankheitsbericht, sowie vorgenommener 
Besichtigung der Brust, sagte ich in Gegenwart des Gemahls zu derselben: Ich 
habe schon mehre solche kranke Brüste mit bestem Erfolge, sogar 
schriftlich kurirt und zu Ihrer Ermuthigung und Belehrung einige Briefe 
über einen solchen Fall mitgebracht, ferner auch das Buch von Dr. Niemeyer 
für Mütter, welcher aber ein anderes Verfahren angiebt. Darauf sagte die Dame 
rasch: „Gehen Sie mir doch mit dem Niemeyer, ich habe sein Buch selbst, 
der will ja die böse Brust partout geschnitten haben, ich lasse sie aber um 
keinen Preis schneiden !“ Darauf bemerkte ich: Beruhigen Sie sich, Frau Baronin, 
ich schneide nicht und bin sicher, dass meine unblutige, aber 
wässerige Verordnung Ihnen willkommen und recht bald von grossem Nutzen 
sein wird. Dieselbe lautete: Gegen den fieberhaften Zustand Früh und Abends 
ein mildes Halbbad mit sanfter Kopfbegiessung; auf die kranke Brust fortwährend 
feuchtkalte vierfache Compresse mit Wechsel so oft sie warm geworden, wobei 
dann die Brust stets noch abgekühlt wird mit ca. 16° R. Wasser; gegen die Ver 
stopfung Schrotbrod, welches von Dresden senden werde und Obst nach Herzens 
lust, sowie öfters einen Schluck frisches Wasser. — Am 22. Juni wurde mir, nach 
dem ich inzwischen ein paarmal auf empfangene Anfragen weitere Verordnung 
gegeben, Folgendes berichtet: Mit meiner Frau geht nun Alles gut, die 
Wunde ist seit einigen Tagen zu, die Brust ist weich und hat nur noch 
wenig Milch, so dass meine Frau nicht mehr badet, auch nicht mehr Umschläge 
macht. Mit bestem Danke sende Ihnen die mir seiner Zeit übergebenen Briefe 
zurück. Seit gestern macht unsere Jüngste nun aber Dummheiten, sie hat Durch 
fall bekommen und zwar in 24 Stunden 10—12 Windeln, das Kind ist sehr un 
ruhig und schreit viel etc., was ist zu thun? — Auf meine Verordnung vom 23. 
lautet ein Bericht: Das Befinden ist schlecht; können Sie nicht kommen? Und 
andern Tages lief Telegramm ein: Kommen Sie sofort. Ich fuhr am 27. Juni 
wieder nach E. und bis heute, 10. Juli, ist keine Nachricht mehr eingelaufen, ich
	        
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