Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

tnt Quirinal zurück. Er speiste wie täglich um 12 Uhr zu Mittag, aber nicht mit dem ge 
wöhnlichen Appetite. Er fühlte das Bedürfniß, auszuruhen, Legte sich zu Bett und gab den 
Befehl, ihn um 2Uhr zu wecken. Da demKönig das Athmen beschwerlich fiel, öffnete derKammer- 
diener das Fenster und bereitete seinem Herrn einen Trank von T a m a r i n d e n und Lauda- 
num (O p i u m ! Ein schöner Kammerdiener das! D.R.)Als später die Athembeschwerden größer 
wurden, schickte der Kammerdiener und zwar gegen den Willen des Königs, um den 
Arzt. Dr. Sa gl tone, der zuerst eintraf, constatirte eine herannahende Lungen 
entzündung und verordnete ein Beruhigungsmedikament, das den Zustand des Königs 
erleichterte. Vwtor Emanuel wollte, kaum, daß er sich etwas besser fühlte und der Arzt 
sich entfernt hatte, sofort das Lager verlassen. Es ist bekannt, daß der König keine Woll 
stoffe auf blosem Leibe duldete und nur Leinenwäsche trug, eine Gewohnheit, die 
mit dem Klima von Rom nicht gut harmonirt. Der König zog sich, als er vom Bett 
aufstand, wie gewöhnlich an und beging die Unvorsichtigkeit, im Hemd zum offenen 
F e n st e r zu gehen, von dem man in den Garten des Quirinals sieht, um dort eine Ci 
garre zu rauchen. Dr. S a g l i o n e mußte wieder geholt werden, da sich der König neuer 
dings unwohl fühlte. Die Krankheit hatte in dieser kurzen Zwischenzeit so rasche Fort 
schritte gemacht, daß der Arzt die Prinzen holen ließ und den Wunsch nach einem Consilium 
aussprach. Man rief mittelst Telegraph den Dr. Bruno aus Turin und den Dr. 
B a c c e l l i aus Pisa herbei. OT dies ereignete sich in der Zeit von 2—4 Uhr Nach 
mittags. Dr. B a c c e 1 li kam um 4^2 Uhr, constatirte die Lungenentzündung 
und ordnete einen Aderlaß an. Der König, der vor diesem Mittel stets eine Aver 
sion hatte, weigerte sich anfangs, doch gab er nach! Die Nacht vom Sonnabend auf 
Sonntag verlief mittelmäßig, doch fürchteten die Aerzte den Zutritt der Malaria. 
Sonntag Nachmittag langte Dr. Bruno cm, bestätigte die Diagnose seiner Kollegen und 
ordnete neuerlich einen Aderlaß an. Aber der Widerwille des Königs war diesmal 
so groß, daß er den Aerzten gewaltsam seinen Arm entriß. Einer der Aerzte trat nun 
auf den Kranken zu und sagte: „Ew. Majestät, unsere Verantwortlichkeit in 
diese m Augenblick ist zu groß, als daß wir nicht von allen Mi t t e l n 
Gebrauch machen sollten. Ew. Majestät sind König in allen Dingen, 
aber in diesem Momente sin d wir die Herrscher und Ew. Majestät sin d un s e r e ilt 
Willen Unterthan! Diese Worte machten auf den König Eindruck, er reichte die Hand 
hin und der A d e r l a ß wurde vorgenommen. 
Ich glaube, eines Kommentars bedarf vorstehende Erzählung nicht weiter, 
denn auch sie bestätigt blos das, was ich in voriger Nummer schon gesagt 
habe, nämlich: es solle jeder Erwachsene in gesunden Tagen sich ein wenig 
mehr um seine eigene Körpermaschine, ihre organische Zusammensetzung und 
Funktionirung kümmern und darum, was zu thun, wenn an selbiger'mal 
was passirt ist, damit er dann den privilegirten Mordärzten, 
wie der Südamerikaner in der Correspondenz sich ausdrückt, und einem dummen 
Kammerdiener nicht unbedingt sich preiszugeben braucht, sondern selbst 
ungefähr weiß, auf welche Weise man am sicher st en und ungefähr- 
lichsten dem Defizit wieder abhelfen kann! Nach obiger Erzählung war 
dem König von dem Momente an, wo er den ersten Aderlaß nur 
mit Widerwillen geschehen ließ, mit Wasser ohne allen Zweifel 
ganz famos zu helfen, so daß die italienische Majestät heute noch 
ihres Daseins sich erfreuen könnte, statt daß sie nun allopathisch-Mvilegirt 
vor der Zeit vom Leben zum Tode befördert wurde. 
Ein Pereat dieser Psuscherin Allopathia! 
Es wurde mir mehrfach der Wunsch ausgesprochen, doch bald den pathologischen Vor 
gang der Lungenentzündung recht populär zu besprechen und damit dann die Klar 
legung der u a t u r ä r z t l i ch e n Behandlung zu verknüpfen, welche im Stande ist, 
diese gefährliche Erkrankung mit Leichtigkeit wieder in Genesung zurückzuführen. — Soll 
mit Vergnügen geschehen und gleich die Mittheilung eines Krankheitsfalles aus meiner 
jüngsten Praxis (Lungenentzündung bei einem 12 jährigen Knaben) damit ver 
bunden werden.
	        
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