Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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vollständig aufhört, so daß dann eine neue Impfung von Ersokg begleitet ist; 2) die vom 
Menschen genommene Lymphe besitzt weitaus die größte Schntzkraft, aber sie ist gefährlich 
wegen der Möglichkeit, daß mit ihr Syphilis übertragen werde. 
Diese Thatsachen müssen wohl erwogen werden, wenn es sich nur Einführung des 
Impfzwanges in einem Staate handelt. Ein Staat, der sich hiezu einschließt, über 
nimmt damit auch die Verpflichtung, seine Angehörigen möglichst vor den Nachtheilen, 
die nachgewiesenermaßen mit der Impfung verbunden sein können, zu schützen und außer 
dem durch Anordnung genauer statistischer Beobachtungen das Publikum wirklich von 
der Schntzkraft der Zwangsmaßregel zu ilberzeugcn. Im Grunde genommen, sollten 
wirklich solche Arbeiten der Einführung des Impfzwanges vorausgehen, aber die 
Staaten werden ja oft durch das vorliegende Bedürfniß durch eine sozusagen, moralische 
Nothwendigkeit zum Ergreisen von Maßregeln gezwungen, deren theoretische Be 
gründung noch mangelhaft ist. Von diesem Standpunkt aus muß aber der 
Impfzwang betrachtet werden. Jedenfalls macht derselbe eine unausgesetzte und 
richtig o r g a n i s i r t e st a t i st i s ch e Forschung über den Einfluß des Jmpfens auf 
den Verlauf der Blatternepidemien nicht überflüssig, sondern im Gegentheil — not h- 
wendig. Außerdem ist dem Ersatz der humanisirten Lymphe durch einen ebenso 
wirksamen ungefährlichen Impfstoff die größte Aufmerksamkeit zu schenken. Die 
Revaccination ist natürlich vollkommen berechtigt in den Staaten, welche den Impfzwang 
eingeführt haben, nur darf dieselbe nicht zu frühe vorgenommen werden, weil man sonst 
zahlreiche Mißerfolge bekommt und schließlich nicht mehr weiß, wer eigentlich als geimpft 
zu betrachten ist und wer nicht! — 
Die Ausstattung des Buches bezüglich des Papieres und der Schrift 
(große Lettern) ist eine vorzügliche und der Preis von 3 Mark für 27 Bogen 
ein sehr billiger zu nennen, so daß die Anschaffung dieser wissenschaftlichen 
Gcsnndheitslehre auch weniger Bemittelten nicht schwer fallen kann, welche sich 
übrigens bezahlt machen dürfte durch den Nutzen, den Jeder durch das Befolgen 
der darin gegebenen Lehren erlangen wird. — 
20. Robert Knöfel, Schuhmachermeister, der menschliche Fuß und 
seine Bekleidung. Ein Katechismus für Schuhmacher, beachtenswerth 
für Alle, denen an der naturgemäßen Bekleidung ihrer Füße gelegen ist. 
Verfaßt und in Verse gebracht. Mit Holzschnitten. 2. Aflge., gr. 8., 60 Seiten. 
Leipzig. A. Mentzel's Verlag. Preis 1 Mark. 
Ein zweiter Hans Sachs, dieser dichtende Schuster K n ö f e l! Er sagt uns 
Allen, nicht blos seinen Genossen, in gebundener und humoristischer Rede, wo und 
warum uns der Schuh drückt, und wie man's machen soll, daß er uns nicht drückt! 
In der Einleitung spricht er zu Seinesgleichen, wie sic ihr wichtiges Handwerk 
verständig betreiben sollen, damit sic vorwärts kommen. Im 1. Kapitel „von den 
menschlichen F ü ß e n" überschrieben, wird Knöfel A n a t o m, es ist wahrhaftig wahr! 
Mit Hilfe einer beigegebenen anatomischen Zeichnung erklärt er uns das Gerüste 
des Fußes, welches nach Hyrtl aus 28 Knochen besteht; auf Grund dieser Erklärung 
des anatomischen Baues giebt er dann faßliche Ausknnst, wie nur durch falsch ge 
formtes Schuhzcug — Frostbeulen, k r u mm g e w a ch s e n e Zehen, einge- 
wachsene Nägel,Schwielen,Ueberbei ne, und — der P l a t t f u ß entstehen. 
Im 2. Kapitel „von d e m M a ß n e h m e n" giebt er seinen Collegen gute Fingerzeige 
wie auch gehörige Rüffel, weil viele es mit dem Maßnehmen nicht genau nehmen, und da 
rum das Schuhwerk verpfuschen; er sagt da beiläufig: 
Daß beim Schuhmachcrgewerbe manches Wichtige verborgen, 
Welches leider vielen Meistern weder Kummer macht, noch Sorgen. 
Im 3. Kapitel „Bon der rich tigen S o hlen form" spricht er von der un 
sinnigen Mode, welche die Schuhform seit Olims Zeiten beliebig verändert zum Schaden 
der Füße, bis endlich der Schuhmessias gekommen in der Person des Prof. vr. Mcycr 
in Zürich, welcher durch seine bekannte Schrift „Richtige Gestalt der Schuhe" 
dieser Fußverhunzung ein Ende gemacht und ein theoretisches Gesetz für die richtige Schuh 
form aufgestellt habe, welches nun für alle Zeiten zu Nutz und Frommen unserer Fütze 
gelten müsse. Im 4. Kapitel „die Geometrie in der Schuhmacherei" wird 
Knöfel zum Schrecken seiner denkfaulen Genossen ein Gelehrter und demonstrirt ihnen, wie 
sie das Lederwerk nach bestimmten Regeln zuschneiden müssen. Im 5. Kapitel „Von 
den Leisten" erinnert Knöfel an den Spruch aus alten Zeiten: „Schuster, bleib bei 
deinem Leisten", an dem besonders zu beachten:
	        
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