Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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Pockenimpfung), die retu miasmatischen Krankheiten (Wechselfieber), die verschleppbar mias- 
malischen Krankheiten (Unterleibstyphus, Cholera, gelbes Fieber, Pest), Einfluß örtlicher 
Bedingungen, Verbreitnngsart, prophylaktische Maßregeln, — Desinfeetion, Quarantäne, 
Assanirung der Ortschaften. 
Vorstehendes ist der Inhalt der heutigen wissenschaftlichen 
Gesundheitslehre, welche noch lange nicht — bombenfeste Wahr 
heit ist; Verfasser giebt dies auch zu, denn er sagt in seinem Vorwort sehr 
bedächtig: 
„Die hygienische Forschung ist noch sehr jung; wir stehen in derselben nur zum 
geringsten Theil auf den Schultern unserer Väter, größtenteils verdankt sie ihre Existenz 
der gegenwärtigen Generation. Es ist deshalb nicht wunderbar, wenn das Material, aus 
welchem dereinst das Gebäude der wissenschaftlichen Gesnndheitslehre errichtet werden 
soll, noch vielfach lückenhaft ist, wenn es da und dort an strengen Beweisen für an 
genommene Lehrsätze der Hygiene fehlt, wenn viele Fragen von großer Wichtigkeit noch 
als offene erklärt werden müssen und wenn für die Wirkung vieler, unzweifelhaft ge 
sundheitsschädlicher Factoren die richtige. Deutung noch nicht gefunden ist! Ich habe 
es allerdings möglichst vermieden, den Leser mit Auseinandersetzung wissenschaftlicher Hypo 
thesen zu belästigen, aber doch glaubte ich andererseits mich nicht allein auf die Schilderung 
von Dingen beschränken zu müssen, die schon zweifellos bewiesen sind. Es ist gut, wenn 
der Gang der wissenschaftlichen Forschung einem größeren Publikum nicht verborgen bleibt, 
auch wenn es dabei die unvermeidlichen Irrthümer der Gelehrten mitmachen sollte" 
Also daß die Gelehrten sich auch irren können, giebt der Verfasser 
wiederum zu, vergißt aber hinzuzufügen, daß sie oft sehr hartnäckig an diesen 
Irrthümern festhalten, auch dann noch, wenn bereits im Publikum, 
das ist unter den Laien, eine Erkenntniß dieser Irrthümer aufdämmert! 
Ich will hier keine Beispiele anführen, sondern mich bescheiden, meinen Lesern 
die Lesung dieses Buches zu empfehlen, weil sie ohne alle Frage viel daraus 
lernen können und die wenigen den Laien bereits aufgedämmerten Irrthümer 
ihnen aus Artikeln im N.-A. schon bekannt sind, so in Bezug auf Ernähr 
ung, Impfung re. 
Was nun Verfasser über Impfung anführt, will ich doch hersetzen, 
denn er beleuchtet diese „offene Frage" von beiden Seiten, der impf 
freundlichen und der impfgegnerijchen, und verdient darum sein unpartei 
isches Vorgehen alles Lob! Er sagt S. 403 wörtlich: 
Den Umstand, daß das einmalige Ueberstandenhaben einer ansteckenden Krankheit einen 
gewissen Schutz gegen eine zweite Erkrankung gewährt, hat man bis jetzt ausschließlich bei 
den Pocken praktisch verwerthet. Schon die alten Kulturvölker wußten, daß nach einmaligem 
Ueberstehen der Blattern die Empfänglichkeit des Individuums für diese Krankheit sehr ab 
nimmt und daß jedenfalls eine spätere zweite Erkrankung in milderer Form verläuft (hat 
sich nicht als richtig erwiesen, indem bei der Pockenepidemie 1870/71 Viele von den Blattern 
weggerafft wurden, welche mehrmals geimpft worden oder die natürlichen Blattern gehabt 
hatten. D. Red.) Es war deshalb ganz natürlich (?), daß man durch künstliche Üeber- 
tragung des Pockengiftes einerseits eine abgeschwächte Form der Krankheit zu erzeugen und 
andrerseits den Menschen vor zukünftiger Ansteckung zu schützen suchte. Zu diesem Zwecke 
impfte man den Gesunden das in den Pockenpusteln enthaltene Gift der ächten Menschen 
blattern ein (Inokulation) oder suchte auf irgend eine andere Weise (durch Tragen der Kleider 
von Pockenkranken) die Ansteckuug hervorzurufen. So verfuhren die Chinesen, die Indier 
und auch in England und Schweden war namentlich im 18. Jahrhundert die Inokulation 
des ächten Pockengiftes als Schutzmittel gegen die Krankheit sehr beliebt und verbreitet. 
Immerhin war diese Methode eine äußerst gefährliche und der Schutz, welchen sie 
gewährte, ein zweifelhafter, denn Viele der Jnokulirten starben und außerdem 
erlangte hierdurch das Krankbeitsgift auf k ü n st l i ch e W e i s e eine sehr große Verbreitung. 
Es war deshalb ein entschiedener F o r t s ch r i t t (?), als man zuerst in den 90er 
Jahren des vorigen Jahrhunderts entdeckte, daß auch die Ansteckung mit einer am Kuheuter 
gefundenen Pocke (Vakzine) vor den Menschenblattern schlitze und als dann I e n u e r im 
Jahre 1796 zeigte, daß das im menschlichen Körper nach der Impfung mit den sog. Kuh 
pocken erzeugte Gift (die h u m a n i s i r t e K u h p o ck e n l y m p h e) dieselbe schützende 
Eigenschaft besitze, wie der ursprüngliche Inhalt der Pockenpustel bei der Kuh (welche durch 
Übertragung des Menschenblatterngiftes ans die Klihe entsteht, da es keine u r s p r ü n g -
	        
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