Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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Bonn und von da mit einem andern Zuge, welcher nach kurzer Zeit mit 
Trajektschiffbei Ober-Kassel über den Rhein setzt, nach Dollcndorf, von wo wir zu 
Fuß nachHcisterbach marschirte», einer ehemaligen in einem schönen Thalkessel 
gelegenen Cisterzienscrabtei mit einer malerischen Ruine, den äußersten Theil des 
Hochchors der früheren Klosterkirche darstellend; von hier ging's daun auf eine 
Bergspitze, der große Oelberg genannt, mit schöner und weiter Aussicht auf den 
Rheinstrom und das Siebengebirge, bestehend aus einer Gruppe von 
Kuppen, Kegeln und langgezogenen Bergrücken vulkanischer Natur, theilwcise 
mit Hochwald und Reben bewachsen; vom Oelberg marschirten wir über die 
Löwenburg nach dem Drachenfels. eineni Bergkegel mit gutem Gasthof 
und etwas höher gelegener Burgruine, 260 Meter über dem Rhein, mit 
herrlicher Aussicht; hier machten wir nach fünfstündigem Marsch in Sonnen- 
gluth vegctarianischen Mittag und tranken moussircndcs Drachenblut dazu. 
Auf einem guten Fahrweg gelangt man etwas steil abwärts nach Königs 
winter am Rhein, auf dessen Rücken wir uns per Kahn abwärts fahren 
ließen bis Godesberg. Dorf am linken Ufer, mit einem schon den Römern be 
kannten Gesundheitsbrunnen, der jährlich gegen 3000 Narren herbei 
lockt, die das Mineralwasser (alkalisch-muriatischer Eisensäuerling) gläubig hin 
unterschlucken, und einer Burgruine auf einem Bergkegel, jetzt unserer 
Kaiserin gehörend; seit mehren Jahren ist hier auch eine große Wasserheil 
anstalt errichtet von einer Aktiengesellschaft, welche gegen 100 hohe und ge- 
räuniige, mit aller Bequemlichkeit und theilweise mit Eleganz ausgestattete 
Zimmer und großen Speisesaal enthält, im besondern Badchaus sind 
russische Dampfbäder, römisch-irische Luftbäder, Wannen 
und Douchcn und mit getrennten Abtheilungen für Herren und Damen ein 
gerichtet und werden bei kühler Witterung die Baderäumc mit erwärmter Luft 
geheizt; der dirigircnde Arzt ist gegenwärtig med. Dr. Gerber, welcher auch 
Elektrizität zur Förderung des Heilzweckes verwendet und — wenngleich 
seine Hauptaufgabe in der methodischen äußern und innerlichen 
Anwendung des Wassers nach wissenschaftlich gültigen Grundsätzen er 
kennend, doch auch andere Behandlungswcisen in ihm dafür passenden Fällen 
nicht ausschließt. K u r t i s ch: gemischte Kost, versteht sich. Ich ließ mir 
alle Räumlichkeiten zeigen, Wohnzimmer wie Bäder, auch den Preiscourant, 
der (8—12 Mark pro Tag) — gepfeffert ist nach unsern Begriffen, nach 
rheinländischen aber nicht, denn hier lebt man im Allgemeinen viel theurer. 
Der Arzt war nicht anwesend; die Anstalt ist auch im Winter geöffnet und 
besucht, namentlich von Engländern und Holländern! welche die hübsche Gegend 
und das milde Klima anziehen. 
Bon hier nach dem eine Stunde entfernten Bonn fuhren wir im Wagen, 
wo mir nur kurze Zeit blieb, um mich bei dem bekannten Physiker Dr. Geister 
wegen „Maximumthermometer" zu erkundigen, die derselbe vorzüglich 
anfertigt; dann ging's mit Eilzug nach Cöln, daher konnte ich mich in Bonn, 
der hübschen Universitätsstadt, selbst weiter nicht mehr umsehen. Am Sonntag, 
dem 6., blieb ich in Cöln, welches mir zwar nicht neu ist, doch kann man 
immer von Zeit zu Zeit wieder seine Sehenswürdigkeiten mit Interesse besichti 
gen. auch hatte ich einige Besuche zu machen und Nachmittags ging's nach 
dem zoologischen und botanischen Garten der Gesellschaft Flora, wo Musik, 
Tabakrauch und Menschen in Menge waren, denen man die schlimme, theure 
Zeit nicht anmerkte; Abends wurde die Oper „Wilhelm Tell" im Stadttheater 
gegeben; dieß ist das erste Gebäude, an dem ich außen die Bezeichnung 
„Theater" gefunden.
	        
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